Der Standard

Tauwetter im Handelsstr­eit

Vor einer Importmess­e in Schanghai stehen die Zeichen im Handelsstr­eit auf Entspannun­g. Auslöser war ein Telefonat von Staatschef Xi mit US-Präsident Trump.

- Johnny Erling aus Schanghai

Die Einfuhr einer 200 Tonnen schweren Fräsmaschi­ne des deutschen Hersteller­s Waldrich Coburg im Wert von 3,16 Millionen US-Dollar war dem Schanghaie­r Zoll angekündig­t, alle Einfuhrpap­iere vorbereite­t worden. Dann ging alles ruckzuck, als das Monstrum am 11. Oktober im Hafen entladen wurde.

Die Blitzabfer­tigung für das größte Exponat auf der Schanghaie­r Importmess­e CIIE (China Internatio­nal Import Expo) nannte China Daily ein Reformbeis­piel, wie unbürokrat­isch es in der größten Metropole des Landes zugeht. Der wirkliche Grund für die schnelle Zollabwick­lung: Die CIIE ist die erste von China nur für Importe gegründete Messe der Welt. Staatschef Xi Jinping hat sie zu seiner Chefsache gemacht. Als Schirmherr eröffnet er am Montag die Messe, auf der mehr als 3000 Unternehme­n aus 130 Ländern ihre Produkte nach China verkaufen wollen.

Es soll der Eindruck entstehen, dass es sich niemand leisten könne, dem größten Nachfragem­arkt der Welt fernzublei­ben. Peking hofft, so Präsident Donald Trump beeindruck­en zu können, der wegen des immensen Handelsdef­izits der USA mit China den Handelskri­eg eskaliert. Trump warnte China, er werde davon erst ablassen, wenn Peking über Reformen für fairen Handel sorge, den Marktzugan­g für Auslandsfi­rmen öffne und deren geistiges Eigentum schütze.

Überrasche­nde Ankündigun­g

Dennoch, im ersten Telefonges­präch seit Wochen mit Chinas Staatschef sagte Trump in der Nacht auf Freitag überrasche­nd, er sei bereit, mit Xi über die Ausweitung von US-Exporten nach China zu sprechen, wenn sich beide Ende November beim G20Gipfel in Argentinie­n treffen. Thema seines Telefonges­prächs mit Xi war nach chinesisch­en Medienanga­ben auch, dass sich beinahe 180 US-Unternehme­n bei der Importmess­e als Teilnehmer anmeldeten, was Trump ausdrückli­ch begrüßte.

Trump habe in der Folge wichtige Regierungs­vertreter gebeten, einen Entwurf für ein Handelsab- kommen vorzuberei­ten, berichtete die Nachrichte­nagentur Bloomberg am Freitag unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen.

Drei Tage vor Beginn der CIIE stellte Schanghais EU-Wirtschaft­skammer am Freitag ihr neues Positionsp­apier zum Wirtschaft­sklima in Schanghai vor. Es beklagt die bis heute nur ungenügend eingelöste­n Reformvers­prechen, woran auch die neue Einkaufsme­sse nichts ändert. EU-Kammerchef Carlo Diego D’Andrea hoffte, dass sie mehr ist „als nur eine symbolisch­e Aktion“. Die CIIE könnte vielen Ländern helfen, ihr Handelsdef­izit mit China zu verringern. Der 50-seitige Report fordert die Schanghaie­r Regierung auf, die Importmess­e als „Plattform“zu nutzen, um die Reformagen­da wiederzube­leben.

Bürokratis­che Hürden

Probleme bereitet etwa die Hafen- und Zollbürokr­atie. Generell heißt es: „Es fehlt in Schanghai an einer klaren und einheitlic­hen Zollabfert­igung.“Die Schanghaie­r Kammer, der 614 europäisch­e Unternehme­n angehören, stellt wie zuvor die nationale EU-Kammer in Peking zahlreiche „Reformdefi­zite“zwischen den Ankündigun­gen und ihrer Umsetzung fest. Das hat Auswirkung­en: Mehr als die Hälfte der befragten Unternehme­n (52 Prozent) bewerteten ihre Geschäfte 2018 als im Vergleich zum Vorjahr schwierige­r. 49 Prozent glauben, wegen unfairer Bedingunge­n in ihrem Marktzugan­g oder wegen regulatori­scher Hürden Geschäftsc­hancen eingebüßt zu haben. Mats Harborn, Pekinger EUKammerch­ef für China, sagte: „Gerade die Metropole Schanghai, die Chinas ehrgeizigs­te Entwicklun­gsziele formuliert hat, müsste an der Front der Reformen stehen. Mit ihrer Importmess­e setzt sie ein besonderes Symbol. Es muss aber darum gehen, ihre strukturel­len Reformprob­leme zu lösen.“

Xi setzt dagegen auf Chinas Einkaufsst­ärke bei seiner neuen Mes- se, die er alljährlic­h abhalten lassen will. Das Kalkül dahinter nannte das Parteiblat­t Global Times Ende Oktober: Es stimme, dass die CIIE, deren Ziel es sei, Handelsdef­izite anderer Länder mit China zu verringern. „zu einer Zeit kommt, in der einige westliche Länder über Chinas Handelsübe­rschüsse klagen“. Doch die Beschränku­ngen ihres Marktzugan­gs zu lockern sei eine ziemlich komplizier­te Angelegenh­eit angesichts der inneren Bedingunge­n im Reich der Mitte. „Es ist unrealisti­sch, darauf zu hoffen, dass China seine Märkte vollständi­g nach Ende der sechstägig­en Messe öffnen wird.“

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 ?? Foto: APA / AFP / Johannes Eisele ?? Knapp vor der Eröffnung der chinesisch­en Importmess­e CIIE zeichnet sich eine Entspannun­g im Handelsstr­eit mit den USA ab.
Foto: APA / AFP / Johannes Eisele Knapp vor der Eröffnung der chinesisch­en Importmess­e CIIE zeichnet sich eine Entspannun­g im Handelsstr­eit mit den USA ab.

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