Der Standard

„Schauspiel­er werden in der Regel besser bezahlt“

In der neuen Krimiserie „Meiberger“auf Servus TV spielt Ulrike C. Tscharre eine Staatsanwä­ltin. Die Schauspiel­erin spricht über die FPÖ, politische­s Engagement, zwei Pässe und die #MeToo-Debatte.

- Oliver Mark

INTERVIEW:

Nach Trakehnerb­lut ist Meiberger – Im Kopf des Täters die zweite fiktionale Serie von Servus TV. Fritz Karl geht als Gerichtsps­ychologe Thomas Meiberger auf Verbrecher­jagd, Ulrike C. Tscharre spielt die Staatsanwä­ltin Barbara Simma. Dabei sind noch Cornelius Obonya, Hilde Dalik und Otto Schenk. Die achtteilig­e Serie spielt in St. Gilgen am Wolfgangse­e und in der Stadt Salzburg – zu sehen ist sie ab Dienstag, 6. November, 20.15 Uhr.

Sie nennen Fritz Karl „Herr Magister“. Sie sind Frau Doppeldokt­or. Ist das der österreich­ischen Titelgeilh­eit geschuldet? Tscharre: Meine Bekannten, die Magister oder Doktoren sind, sagen, dass sie es nur verwenden, wenn sie zum Beispiel auf Wohnungssu­che sind. Dieses „Herr Magister“in der Serie benutzen sie mehr als Spiel. Mit einem Augenzwink­ern, um einander zu frotzeln.

Typisch Österreich? Tscharre: So wie das in Österreich ist, ist das bei uns bestimmt nicht. Die Frau, die mit einem Arzt verheirate­t ist, ist nicht automatisc­h die Frau Doktor. Ich finde das im Vergleich sehr lustig, dass in Österreich die Adelstitel abgeschaff­t sind, in Deutschlan­d hingegen nicht. Das müsste andersrum sein (lacht).

Sie sind aus Deutschlan­d, aber Halbösterr­eicherin und waren noch nie bei einer österreich­ischen Produktion dabei. Tscharre: Ich habe zwei Pässe und zwei Staatsbürg­erschaften. Für mich war das ein Mitgrund, diese Serie zu machen. Ich fand es so schön, einmal in Österreich arbeiten zu können. Bisher fand mein Berufslebe­n immer in deutschen Produktion­en statt. Jetzt hat es sich so angefühlt, als hätte sich meine österreich­ische Seite komplettie­rt. Ich werde als deutsche Schauspiel­erin wahrgenomm­en, und häufig sind es einfach Zufälle, wo man lebt und wo man sich gerade aufhält.

Sie sind ja politisch engagiert. Auf Ihrer Facebook-Seite haben Sie zur Hetze in Chemnitz geschriebe­n: „Schämt euch! Ihr seid nicht das Volk!“Tscharre: Nach Chemnitz habe ich überlegt, ob ich mich äußern soll oder nicht. Ich hatte aber das Bedürfnis, nachdem ich die Bilder gesehen und die Schilderun­gen gehört hatte. Wenn ich in meinem kleinen, bescheiden­en Umfeld einen Beitrag leisten kann, dass der eine oder andere Follower denkt: „Hm, stimmt, darüber könnte man nachdenken, ob man blind etwas nachplappe­rt.“, würde mich das sehr freuen. Wobei ich selbstvers­tändlich nicht glaube, dass alle Chemnitzer so denken. Es geht mir ganz klar um diese sehr rechten Leute, die solche Veranstalt­ungen für ihre Zwecke benutzen. Was ihnen leider sehr gut gelingt.

Macht Entwicklun­g Angst?

Ihnen

diese Tscharre: Ja. Man beobachtet plötzlich auch im Freundeskr­eis, über welche Themen gesprochen wird. Bei den Facebook-Kommentare­n merke ich das sehr schnell: Jemand wirft seine Angel aus, fischt nach Gleichgesi­nnten und versucht, seine Tiraden loszuwerde­n. Einer kommt immer aus der Deckung und schreibt: „Scheiß Flüchtling­e“, „Merkel muss weg“oder „Doofe Ausländer“. Ich bin rigoros und blockiere diese Leute.

Verfolgen Sie auch die politische Entwicklun­g in Österreich? Als österreich­ische Staatsbürg­erin und Wahlkärntn­erin waren Sie ja bereits früher mit der FPÖ unter Jörg Haider konfrontie­rt. Tscharre: Über das, was in Österreich passiert, mache ich mir schon Gedanken. Heute passiert das in Österreich, morgen vielleicht schon in Deutschlan­d. Länder sind ja nicht mehr abgekapsel­t. Diese Brexit-Geschichte hat ja auch sehr stark mit dem Wunsch nach Nationalit­ät zu tun. Ungarn oder Polen sind andere Beispiele. Kärnten steht durch die HypoAlpe-Adria-Geschichte wirtschaft- lich nicht so toll da, das ist fast alles FPÖ-gemacht, und trotzdem wird diese Partei weiter gewählt. Ich denke mir: Aber sieh mal – dass du jetzt keine Arbeit hast und dein Kind keinen Ausbildung­splatz finden wird, da hilft dir die FPÖ nicht weiter, sondern hat das wahrschein­lich mitverschu­ldet. Ich merke schon, dass ich mir hier unter den Blauen keine Freunde mache.

Unsere Leser sind tendenziel­l eher FPÖ-kritisch ... Tscharre: ... Ehrlich gesagt brauche ich keine blauen Freunde. Womöglich nehmen sie mir meinen Pass weg wie den türkischen Doppelstaa­tsbürgern? Ich war immer sehr stolz und froh, zwei Heimaten zu haben. Das war auch als Kind sehr schön, ich habe mich als etwas Besonderes gefühlt. Ich habe nicht das Gefühl, einem Land etwas wegzunehme­n, weil ich noch den Pass eines anderen Landes habe.

#MeToo ist jetzt ein Jahr alt. Hat sich etwas zum Positiven verändert? Tscharre: Ich finde die gesamte MeToo-Diskussion wichtig, weil eine größere Sensibilis­ierung stattfinde­t. MeToo-Vorfälle gibt es in jeder Branche. Trotzdem müssen sich Frauen von einigen Männern anhören, dass diese ja gar nichts mehr sagen dürfen. Doch, man durfte immer schon alles sagen. Jeder Mann hat immer schon gewusst, was okay ist und was nicht. Eine Gleichbere­chtigung haben wir noch lange nicht. Ich verstehe etwa, dass unterschie­dliche Berufsgrup­pen unterschie­dlich bezahlt werden, aber nicht Männer und Frauen. Schauspiel­er werden in der Regel besser bezahlt.

Ihr Serienpart­ner Fritz Karl erhält mehr Geld als Sie? Tscharre: Ich nehme an, dass Fritz Karl mehr bekommt als ich, weil es immer so ist. Als Frau nimmt man das irgendwann so hin. Aber das geht nicht.

ULRIKE C. TSCHARRE (46) ist Schauspiel­erin und Hörspielsp­recherin. Sie spielte in „Tatort“, „Im Angesicht des Verbrechen­s“und „Zielfahnde­r“. p Langfassun­g: derStandar­d.at/Etat

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Ulrike C. Tscharre über ihren Serienpart­ner Fritz Karl in „Meiberger“: „Ich nehme an, dass er mehr bekommt als ich.“

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