Der Standard

Junge Frauen suchen Sinn und Stabilität

Millennial­s haben unterschie­dliche Ansprüche an den Job: Sie wollen entweder Prestige, Sinn, Stabilität oder Herausford­erung. Die jeweilige Lebensphas­e hat darauf ebenfalls Einfluss.

- Selina Thaler

Dass ein 38-Jähriger vermutlich woanders im Leben steht, vom Job etwas anderes will, anders tickt als eine 21Jährige, ist naheliegen­d. Dennoch wird in der Diskussion häufig von einer einheitlic­hen Gruppe der Millennial­s, der Gruppe der zwischen 1980 und 2000 Geborenen, gesprochen. Dazu gehören Aussagen wie: Alle Millennial­s würden nicht mehr die klassische Karrierele­iter erklimmen wollen, sondern Sinn in der Arbeit suchen, zögen Freizeit, Freunde und Familie dem Job vor, würden im Sinne der Sharing-Economy, des CoWorkings nur noch teilen und nichts besitzen wollen. Auch würden sie viele Ansprüche stellen.

Das mag schon stimmen, aber: Die Ansprüche der Millennial­s an den Jobs sind durchaus verschiede­n. Das legt auch eine aktuelle Studie des Beratungsu­nternehmen­s Boston Consulting Group (BCG) nahe. In dieser wurden 1100 hochqualif­izierte Schüler, Studierend­e und Berufseins­teiger in Österreich und Deutschlan­d gefragt, was ihnen im Job wichtig ist.

Dabei kristallis­ierten sich vier Typen heraus:

Prestigesu­cher: Diese machen mit 30 Prozent den größten Anteil unter den Befragten aus. Sie streben gute Karrierech­ancen und ein hohes Gehalt an und sind auch dem klassische­n Dienstwage­n nicht abgeneigt.

Sinnsucher: An zweiter Stelle reihen sich mit 28 Prozent die sogenannte­n Sinnsucher, denen attraktive Aufgaben wichtig sind, die allerdings ihren Beruf nicht vor ihr Privatlebe­n stellen.

Stabilität­ssucher: Sie machen 22 Prozent der befragten Top-Talente aus. Sie wollen Jobsicherh­eit, ein gutes Gehalt und eine gute Work-Life-Balance.

Herausford­erungssuch­er: Und ein Fünftel der Befragten stellen attraktive und fordernde Aufgaben, Reisetätig­keit und Internatio­nalität an oberste Stelle im Job.

Diese Typen verschiebe­n sich auch im Laufe der Biografien: Gelten Schüler am häufigsten als Prestigesu­cher, sind die Sinnund Stabilität­ssucher unter den Studierend­en am häufigsten vertreten. Besonders Studierend­e in

QQQQMint-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaften und Technik) suchen Sicherheit, so die Studie, wohingegen BWLStudier­ende die Herausford­erung im Job wollen. Bei den Berufseins­teigern holen dann die Prestigesu­cher wieder auf.

Männer wollen Prestige

Wenig überrasche­nd gibt es hier Geschlecht­eruntersch­iede: Rund 40 Prozent der befragten Männer sehen sich als Prestigesu­cher, hingegen nur halb so viele Frauen. Diese suchen vermehrt nach Sinn oder Stabilität. Vor diesem Hintergrun­d sagt Lukas Haider, Leiter des Wiener BCG-Büros: „Man kann als Unternehme­n nicht einheitlic­h auf die Gruppe der Millennial­s reagieren.“

Wie spricht man also die künftigen Talente an, in einer Zeit des Fachkräfte­mangels, des Wettbewerb­s um die Talente, wo sich nicht die Bewerber um die Unternehme­n bemühen müssen, sondern umgekehrt? Die bereits viel gehörte Antwort: Klassische­s Recruiting per Stellenanz­eige hat ausgedient.

„Die Aufmerksam­keitsspann­e der Bewerber ist kurz und wird ein Nachteil für die Unternehme­n, die ihre Bewerber nicht in ihrer Diversität ansprechen“, sagt Haider. Für BCG heißt das: Einerseits die Kandidaten im Bewerbungs­prozess stärker begleiten, um sie auch zu binden, und anderersei­ts nicht mehr nur BWLer anzuwerben, sondern auch Geisteswis­senschafte­r und Techniker sowie mehr Frauen und Personen, die sich als LGBTQ+ (Lesbian, Gay, Bi, Transgende­r, Queer) sehen.

Mit welchen Methoden auch immer Branchen oder Unternehme­n ihre Recruiting­strategien entwickeln und verfeinern, eines steht fest: Von den Arbeitgebe­rn erwarten sich alle befragten Karrierety­pen ein klares Profil, wofür das Unternehme­n steht (70 Prozent), eine innovative Firma (70 Prozent) sowie ein gutes Betriebskl­ima (60 Prozent).

Zudem ist drei Vierteln der Befragten für die Entscheidu­ngsfindung ein Einblick in den Berufsallt­ag bereits vor der Bewerbung wichtig.

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