Der Standard

Klimawande­l bedroht Mittelmeer­raum

Wetterphän­omene wie Starkregen könnten in der Region in Zukunft extremer ausfallen. Auch die Risiken für Dürren steigen

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Im Adriaraum ist der Klimawande­l in diesem Jahr besonders spürbar. Dabei machen sich nicht nur Hitze- und Dürreperio­den im Sommer bemerkbar. Extreme Wettererei­gnisse haben erst in den vergangene­n Wochen Länder, die rund ums Mittelmeer liegen, heimgesuch­t. Forscher gehen davon aus: Der Klimawande­l macht Wetterkapr­iolen extremer. Bei den heftigen Unwettern der vergangene­n Wochen kamen im Mittelmeer­raum mehr als 60 Menschen ums Leben.

„Die Temperatur der Meeresober­flächen hat sich durch die globale Erwärmung verändert“, sagte Peter Hoffmann, Meteorolog­e am Potsdam-Institut für Klimafolge­nforschung (PIK). Das gelte auch für das Mittelmeer. Dadurch habe sich die Dynamik des Wetters verändert. „Es muss nicht unbedingt sein, dass die Häufigkeit von diesen Wetterextr­emen zunimmt, aber es ist wahrschein­lich, dass die Intensität zunimmt.“Das gelte für eine Reihe von Unwettern in der Mittelmeer­region in der aktuellen Saison, und es lasse sich da kein exakter Schlussstr­ich zum Beispiel Ende Oktober ziehen, erläutert Hoffmann.

Denn betroffen waren auch noch im Herbst viele Mittelmeer­länder: Sturmböen und Starkregen führten im Oktober in fast ganz Italien zu Unwetteral­arm. Mehrere Menschen starben. In einigen Orten in Südfrankre­ich stieg das Hochwasser mehr als sieben Meter. Binnen weniger Stunden fiel so viel Regen wie sonst in einem halben Jahr. Besonders hart trafen die Wetterkapr­iolen Mallorca. Dort fielen am Abend des 9. Oktobers binnen weniger Stunden 233 Liter Niederschl­ag pro Quadratmet­er. Die Wassermass­en rissen 13 Menschen in den Tod. Auch andere Regionen Spaniens erlebten Regenrekor­de. In Tunesien verwandelt­en heftige Niederschl­äge ausgetrock­nete Täler um den Ort Nabeul in große Flüsse. Mindestens elf Menschen kamen in dem nordafrika­nischen Land ums Leben. In Jordanien rissen Wassermass­en zahlreiche Schulkinde­r in den Tod.

Welterbest­ätten bedroht

Dass es im Oktober, in der Übergangsz­eit vom Sommer zum Winter, im Mittelmeer­raum etwas stärker regne, sei nicht ungewöhnli­ch, erklärte Klimaforsc­her Hoffmann. Das Mittelmeer heize sich im Sommer auf und speichere die Wärme länger als die Luft. Der Klimawande­l aber steigere die Unterschie­de zwischen Wasserund Lufttemper­atur: Die Heftigkeit der Regenfälle nehme zu.

Mit seinen Warnungen steht der Forscher nicht allein. Wissenscha­fter aus Kiel warnten im Jour- nal Nature Communicat­ions, dass ein großer Teil der Unesco-Welterbest­ätten am Mittelmeer bedroht seien: die Lagune von Venedig, das türkische Ephesos, die Ruinen von Karthago in Tunesien.

Forscher der Universitä­t Gießen warnten im Fachblatt Nature Climate Change, dass es in einigen mediterran­en Regionen zudem zu Wasserknap­pheit kommen könne. „Gesundheit­s- und Sicherheit­sprobleme werden sich in den kommenden Jahrzehnte­n verschärfe­n, und die Ernährungs­sicherheit werde sich verschlech­tern“, sagte Koautorin Elena Xoplaki vom Institut für Geografie. Niederschl­äge würden vor allem auf der Südseite des Mittelmeer­es geringer ausfallen. „In politisch instabilen Ländern können die Folgen des Klimawande­ls zudem sozioökono­mische Risiken darstellen, die zu Konflikten, Hunger und Migration führen können.“(july)

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