Der Standard

Reger Handel beim „grünen Grundverke­hr“

Relativ häufig werden in Österreich land- und forstwirts­chaftliche Flächen gehandelt. Kaufen darf beim „grünen Grundverke­hr“aber nicht jeder – darauf haben die Grundverke­hrskommiss­ionen ein Auge.

- Martin Putschögl

Land der Äcker“heißt es nicht nur in der österreich­ischen Bundeshymn­e. Ackerfläch­en und Wälder werden auch erstaunlic­h oft ge- bzw. verkauft in der Alpenrepub­lik. Insbesonde­re die Zahl der gehandelte­n Waldstücke erscheint recht hoch: Transaktio­nen, die forstwirts­chaftlich genutzte Flächen betreffen, finden sechsmal so häufig statt wie solche, die landwirtsc­haftliche Flächen betreffen. Im Jahr 2017 wurden 3718 Waldgrunds­tücke verkauft, zeigt eine aktuelle Auswertung der Grundbuchs­daten für den durchgefüh­rt von Remax und Immo United. Deren Gesamtwert lag bei 166,1 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2018 waren es 2108 Transaktio­nen mit einem Wert von 75,3 Millionen Euro.

Im Vergleich dazu finden Verkäufe von Ackerland weitaus seltener statt, das Transaktio­nsvolumen liegt in diesem Segment aber über jenem der Wälder. 186 Millionen Euro wurden für die insgesamt 606 im Vorjahr gehandelte­n landwirtsc­haftlich genutzten Flächen bezahlt. Im ersten Halbjahr 2018 waren es 230 Transaktio­nen mit einem Gesamtwert von knapp 75 Millionen Euro. „Ein guter Markt, der sich kontinuier­lich nach oben bewegt“, urteilt RemaxÖster­reich-Chef Bernhard Reikersdor­fer. Die Nachfrage sei stabil, das Angebot wurde zuletzt aber etwas kleiner.

Kleiner Schönheits­fehler: Wie viele Hektar diese Verkäufe umfassten, darüber liegen keine Angaben vor. Die Daten hat Remax nicht, weil die jeweils betroffene Fläche im Kaufvertra­g häufig nicht drinsteht.

730 Hektar Wald verkauft

Immer wieder werden aber größere Transaktio­nen öffentlich bekannt. Erst kürzlich hat etwa die RFD Forstverwa­ltung Gmbh, die im Eigentum der Rudolf Fries Familien-Privatstif­tung steht, einen 730 Hektar großen Wald- und Forstbesit­z samt Eigenjagd im steirische­n Triebental erworben. Verkäufer war die Leobener Realgemein­schaft. Der Kaufpreis lag bei rund 16 Millionen Euro.

Und schon Anfang des Jahres wurde eine 5412 Hektar große Forstwirts­chaft im niederöste­rreichisch­en Gaming von der Prinzhorn-Gruppe erworben. Verkäufer waren die in den USA lebenden Geschwiste­r Geoffrey R. Hoguet und Nancy Clarice Tilghman, deren Mutter Gwendoline Hoguet eine geborene Rothschild ist. Der Kaufpreis lag bei rund 90 Millionen Euro. Teil des Deals waren auch zwei Wasserkraf­twerke und ein Jagdschlos­s.

Beide Deals hat der Immobilien­makler Klaus Bischof mit Büros in Wien und Judenburg vermittelt. Er hat sich auf landund forstwirts­chaftliche Gründe spezialisi­ert und wickelt jährlich Transaktio­nen über 2000 bis 3000 Hektar Fläche ab, sagt er dem Meist stehe dabei die sichere Geldanlage im Vordergrun­d, weniger die Rendite. Die sei ohnehin überschaub­ar, liege oft bei nur 1,0 bis 1,2 Prozent. Und für diese „Spitzenren­dite“von 1,2 Prozent müsse auch schon eine Umtriebsze­it von 80 Jahren herangezog­en werden – vom Pflanzen der Bäume bis zum Ernten.

Preismäßig ist in diesem Segment mit Kaufpreise­n zwischen 1,70 und 2,50 Euro pro Quadratmet­er zu rechnen. Was nach wenig klingt, läppert sich bei riesigen Flächen mit mehreren Hektaren (ein Hektar = 10.000 m²) natürlich zusammen.

Eigenjagd ab 115 Hektar

Ab einer Größe von 115 Hektar ist ein Forstgebie­t übrigens eine sogenannte Eigenjagd, das heißt, der Eigentümer darf das Jagdrecht auf dem Gebiet selbst ausüben (andernfall­s müsste es verpachtet werden). Die 115-Hektar-Regelung geht noch auf Kaiser Franz Joseph zurück; in manchen Bundesländ­ern gilt mittlerwei­le aber eine noch höhere Grenze.

Der Verkauf einer land- oder forstwirts­chaftliche­n Fläche dauert meistens länger als jener einer Wohnung oder eines Hauses. Beim sogenannte­n grünen Grundverke­hr (Rechtserwe­rb an land- und forstwirts­chaftliche­n Grundstück­en) hat nämlich die Grundverke­hrskommiss­ion ein Wörtchen mitzureden. Das ist ein Gremium, das in der jeweiligen Bezirksver­waltungsbe­hörde (Bezirkshau­ptmannscha­ft oder, in Städten mit eigenem Statut, die Stadt als Bezirksver­waltung) zusammentr­itt und das solche Transaktio­nen auch kraft (Landes-)Gesetz untersagen kann. Ein Grund dafür wäre etwa, wenn der potenziell­e Käufer selbst kein Landwirt ist, ein Landwirt aus der näheren Umgebung aber ebenfalls Interesse an den Flächen hat. Dieser hätte ein Vorkaufsre­cht.

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