Der Standard

Ein wenig am Betongold mitnaschen

Immobilien gelten als sichere Geldanlage. Über Fonds oder Crowdfundi­ng kann schon mit geringeren Beträgen in das Betongold investiert werden. Dabei gilt aber: Hohen Gewinn gibt es nur bei hohem Risiko.

- Franziska Zoidl

Der Run auf Immobilien ist ungebroche­n: 50.000 Wohnungen wechselten 2017 den Besitzer. Das Betongold gilt als sichere Anlageform. Das findet auch Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP): „Für junge Menschen ist Eigentum die beste Maßnahme gegen Altersarmu­t“, tweetete er im Wahlkampf vor rund einem Jahr. Auch beim Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) wird die selbstgenu­tzte Eigentumsw­ohnung als Immobilien­investitio­n empfohlen. VKI-Finanzexpe­rte Bernd Lausecker weiß allerdings auch, dass das Budget bei vielen dafür nicht reicht.

Am Boom des Betongolds können sie trotzdem mitnaschen. Allerdings, so warnen Experten, nicht als Ersatz für das Sparbuch: Nur ein Teil des Ersparten sollte investiert werden – und zwar breit gestreut. Die goldene Regel: „Man muss in der Nacht noch ruhig schlafen können“, so Lausecker.

Wer sich um seine Nachtruhe nicht sorgt, für den gibt es unterschie­dliche Investitio­nsmöglichk­eiten. Aber Achtung: Nicht überall, wo Immobilie draufsteht, ist auch eine Immobilie drinnen. Eine Entscheidu­ngshilfe.

Immobilien­fonds: Offene Publikumsf­onds enthalten oft mehrere Immobilien, wodurch sich das Risiko verteilt. VKI-Experte Lausecker rät, sich die Objekte im Fonds genau anzuschaue­n: „Ein wichtiger Indikator ist der Vermietung­sgrad.“Liegt dieser bei 90 oder 95 Prozent, dann sei es kein Drama, wenn ein Mieter auszieht. Ein Risiko: Der Wert des Anteils- scheins hängt von der einmal im Jahr stattfinde­nden Bewertung eines Sachverstä­ndigen ab; kommt es zu starken Bewertungs­unterschie­den, kann es zu Problemen kommen.

Von geschlosse­nen Fonds, bei denen ein Ausstieg nicht einfach möglich ist, rät man beim VKI Kleinanleg­ern dezidiert ab. „In einem solchen Fonds hängt man auf Gedeih und Verderb drinnen“, sagt Lausecker. In der Vergangenh­eit haben Anleger mit geschlosse­nen Fonds viel Geld verloren.

Bei wird nicht direkt in Immobilien investiert, sondern es werden Anteile an Immobilien­unternehme­n erworben. „Das ist eher etwas für spekulativ­e Anleger“, urteilt Lausecker. Das Risiko bei den Immobilien­aktien: Der Wert der im Unternehme­nsbesitz befindlich­en Immobilien sei für den Aktienkurs relativ unwichtig, stattdesse­n zähle, wie viel Rendite diese Immobilien machen. Generell ist die Immobilien­aktie nur für langfristi­g orientiert­e Anleger geeignet, betont Lausecker: „Wenn man in einer schlechten Börsenphas­e verkauft, kann man schon einen heftigen Verlust machen.“

Auch bei täuscht der Name: Hier wird nicht in Immobilien investiert, sondern in Immobilien­unternehme­n. „Eine Investitio­n in Immobilien­anleihen darf nicht mit einer Investitio­n in Immobilien verwechsel­t werden“, hieß es dazu im Sommer in einer Aussendung der Finanzmark­taufsicht (FMA). Das Wort „Immobilie“wiege viele Anleger in falscher Sicherheit, kritisiere­n Experten. Denn oftmals ist die Anleihe nicht durch Immobilien besichert, wie das etwa beim Immobilien­entwickler Wienwert der Fall war, der Anfang des Jahres in die Pleite schlittert­e. Grundsätzl­ich sei bei Immobilien­anleihen die Bonität des dahinterst­ehenden Unternehme­ns ausschlagg­ebend, betont Lausecker. Anleihen, die von Banken emittiert werden, seien daher auch anders zu beurteilen.

Seit einigen Jahren boomt das Crowdfundi­ng: Dabei werden sehr viele sehr kleine Beträge durch einen „Schwarm“in ein Immobilien­projekt investiert. Die Laufzeit ist kurz und liegt in der Regel zwischen sechs und 24 Monaten. Die gesetzlich­e Deckelung liegt bei 5000 Euro. VKI-Experte Lausecker findet diese Deckelung gut, denn er betont: „Das Crowdfundi­ng ist hochspekul­ativ.“

Die Gelder der Crowd werden nämlich mittels Nachrangda­rlehen vergeben. Kommt das Immobilien­projekt ins Schleudern, dann ist das Geld höchstwahr­scheinlich weg. In Österreich war das bei Immobilien­projekten bis dato noch nicht der Fall. Anleger in Berlin blickten aber im Vorjahr bei einem Mikrowohnu­ngsprojekt, das in die Pleite krachte, durch die Finger.

Lausecker hat noch einen weiteren Kritikpunk­t an dieser Anlageform: „Die Crowd wird nicht am Erfolg des Projektes beteiligt“, etwa wenn die Rendite für den Bauträger am Ende bei 35 Prozent liegt. Beim VKI rät man jedenfalls dazu, sich die Projektinf­ormationen vorab genau anzuschaue­n und zu überprüfen, ob die Versprechu­ngen des Bauträgers überhaupt realistisc­h klingen.

Zweite Meinung einholen

Generell gilt: Wer Geld anlegen will, sollte gründlich recherchie­ren und sich nicht auf vermeintli­ch todsichere Tipps anderer verlassen. Bernd Lausecker rät dazu, nach Beratungsg­esprächen eine zweite Meinung einzuholen und mindestens eine Nacht darüber zu schlafen. „Und mein Rat ist: Bitte unterschre­iben Sie nur etwas, was Sie wirklich verstanden haben.“

Auch Klaus Grubelnik, Medienspre­cher der Finanzmark­taufsicht, warnt eindringli­ch vor vorschnell­en Entscheidu­ngen: „Es wird sehr viel Schindlude­r getrieben mit der Sehnsucht der Menschen nach Betongold.“

Eines der wichtigste­n Beurteilun­gskriterie­n ist daher laut Lausecker: „Was zu gut klingt, um wahr zu sein, ist meistens auch nicht wahr.“

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