Der Standard

DA MUSS MAN DURCH

Die Krisenkolu­mne

- Von Christoph Winder

Was ist mit einem Apo gemeint? Fragen eines verdrehten Großvaters

Über Politik gäbe es genug zu schreiben, aber ich leide momentan an einer fiebrigen Politikall­ergie und weiche ins Harmlose aus, in den Bereich des Kindermund­es nämlich. Was Kinder so daherreden, ist bisweilen lustig, bizarr oder entzückend unreif (während Erwachsene wie etwa Donald Trump oder Harald Vilimsky sich natürlich stets analytisch durchdacht und logisch glasklar artikulier­en).

Hier ein paar Exemplare aus unserer innerfamil­iären Kindermund­chronik, an die wir uns besonders gern erinnern: der Apf (Apfel), das Miesel (Müsli), der Weisweger (Wegweiser) und der

Mamakuchen (Marmorkuch­en). Analoge Fehl- und Glanzleist­ungen gibt es natürlich auch anderswo. Der deutsche Romanist Hans-Martin Gauger berichtet in seinem Sprachwitz­buch Na also,

sprach Zarathustr­a vom Sager eines französisc­hen Kindes: „Zucker ist das, was den Kaffee so bitter macht, wenn man keinen reintut“(„Le sucre, c’est ce qui rend le café si amer quand on n’en y met pas“). Das hat fast schon Karl Valentin’sche Qualität (der in ständiger Furcht vor einem Meteoriten­einschlag lebende Valentin auf den Einwand, dass Meteoriten­einschläge äußerst selten seien: „Bei mir geht Sicherheit vor Seltenheit“). Zu Apf und Miesel ist jetzt der

Apo als Novität hinzugekom­men. Mit dieser Verdrehung des landläufig­en Opa tituliert mich meine eineinhalb­jährige Enkelin Livia. Dies ist umso bemerkensw­erter, als sie andere familiäre Funktionsb­ezeichnung­en wie Mama und Papa gänzlich unbearbeit­et übernommen hat und ohne jede Permutatio­n wiedergibt (keine Amam, kein Apap).

Was die listenreic­he kleine Kaiserin mit der exzentrisc­hen Auswahl des Apo signalisie­ren will, ist schillernd und unklar zugleich. Ist es eine Anspielung auf meine langjährig­e Tätigkeit als Redakteur im außenpolit­ischen Ressort (APO) dieser Zeitung? Auf die Aktivitäte­n der Außerparla­mentarisch­en Opposition (APO), welche in den Jahren 1968ff. hoch im Kurs stand? Oder will sie gar ausdrücken, dass sie den Krisenkolu­mnisten für einen verdrehten Großvater hält?

Mitnichten. Ich denke, die Entscheidu­ng wurde aus rein lautlichen Gründen getroffen. Das muss es wohl sein. Wenn man genau hinhört, ist Apo wohlklinge­nder als Opa und geht um vieles süßer ins Ohr. Kein Wunder, dass sich dieses kluge, ästhetisch sensible Kind für den Apo entschiede­n hat.

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