Der Standard

Kreiskys Maßschuhe

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Bruno Kreisky trug Maßschuhe („Budapester“), die in den 1970er-Jahren zwischen 6000 und 10.000 Schilling kosteten. Damals ein sehr schönes Monatsgeha­lt. Er hatte in der Westentasc­he eine antike Zwiebeluhr mit dicker, goldener Kette. Außerdem trug er Maßanzüge vom zweiten Wiener Nobelschne­ider, und er fuhr (mit Chauffeur) einen englischen Rover. Er wohnte in einer großen Döblinger Villa mit einem parkähnlic­hen Garten, die ihm eine Versicheru­ng zu einem sehr entgegenko­mmenden Mietzins überlassen hatte.

Kreiskys zeitweilig­er Kronprinz Hannes Androsch ließ beim ersten Wiener Nobelschne­ider arbeiten, trug eine teure Schweizer Uhr und war als Finanzmini­ster und Be- treiber einer Steuerkanz­lei „Leider nein“-Millionär (vielleicht beim Einkommen, sicher nicht beim Vermögen). Auch Franz Vranitzky war ganz selbstvers­tändlich der Ansicht, dass ein hohes politische­s Amt zu einer gewissen Qualität im Auftreten verpflicht­et. Alle drei waren sehr beliebte „sozialisti­sche“Politiker. Kreisky hatte drei absolute Mehrheiten, Vranitzky war der letzte erfolgreic­he SP-Kanzler. Ihnen wäre es nicht im Traum eingefalle­n, mit demonstrat­iver Bescheiden­heit im Dienst unbequem zu reisen. Im Unterschie­d zu heute fanden die meisten Wähler nichts dabei, dass hart arbeitende Politiker sich auch einmal etwas gönnten.

Die Resultate zählten.

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