Der Standard

„Google- Steuer“in der Sackgasse

Internetgi­ganten wie Google, Amazon und Facebook sollen höhere Abgaben zahlen. Doch das EU-Vorhaben kam bisher nicht voran. Der österreich­ische Ratsvorsit­z versucht, die Initiative mit einigen Entschärfu­ngen zu retten.

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Hartwig Löger war möglicherw­eise voreilig, als er im September eine Einigung auf die Digitalste­uer verkündete. Es sei ein „Kraftakt“gewesen, berichtete der Finanzmini­ster (ÖVP) damals und sprach vom festen Willen aller Amtskolleg­en, das Kapitel noch heuer zu erledigen. Doch davon ist man weit entfernt, es sei denn, mit Erledigung ist Adacta-Legen gemeint.

Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass Internetko­nzerne mit mehr als 750 Millionen Euro Umsatz drei Prozent Steuern auf ihre Erlöse abführen sollen. Konkret wären Erlöse aus Werbung, Nutzerdate­n und digitalen Plattforme­n der Abgabe unterworfe­n, die in Europa fünf Milliarden Euro einbringen soll. Das Vorhaben ist gut begründet, zahlen doch digitale Unternehme­n mit 9,5 Prozent deutlich weniger Gewinnsteu­ern als traditione­lle Betriebe, die laut EU-Kommission auf 23 Prozent kommen.

Doch dass der Weg der richtige ist, bezweifeln viele Staaten. Schon beim informelle­n Finanz- ministertr­effen in Wien Anfang September hatten sich skandinavi­sche Länder, Irland und Malta gegen die Initiative ausgesproc­hen, was Löger offenbar überhört hatte. Auch Deutschlan­d ist gegen die sogenannte Service-Tax, hielt den Ball aber lange flach: Man wollte den Partner Frankreich nicht vergrätzen, dessen Präsident Emmanuel Macron die Digitalste­uer zum Vorzeigepr­ojekt hochstilis­iert hat.

Vor gut einem Monat ließ Berlin dann doch die Kuh aus dem Stall: Der wissenscha­ftliche Beirat des Finanzmini­steriums sprach sich in einer Stellungna­hme gegen das Vorhaben aus. Rechtliche Bedenken und ökonomisch fragwürdig­e Wirkungen seien ausschlagg­ebend, hieß es in dem Bericht. Als eines der Hauptprobl­eme wird die Behinderun­g von aufstreben­den Digitalunt­ernehmen gesehen, die noch Verluste schreiben, aber dennoch von der Abgabe betroffen wären. Dass auch europäisch­e Firmen wie Spotify betroffen wären, vergrößert die Skepsis ebenso wie die durch die Service-Tax erwarteten geringen Einnahmen. Ein weiterer Punkt, der besonders intensiv diskutiert wird: Die USA wie auch andere Nicht-EU-Staaten könnten im Gegenzug die Geschäfte europäisch­er Firmen stärker besteuern.

Deutschlan­d sagt Nein

Berlins Abwehrhalt­ung hat sich längst herumgespr­ochen, auch Paris macht sich keine Illusionen mehr: „Deutschlan­d sagt im Moment Nein“, sagte Frankreich­s Finanzmini­ster Bruno Le Maire am Montag dem Radiosende­r RMC. Trotz der Bedenken bleiben Le Maire und Löger optimistis­ch, was insofern erstaunt, als die Regelung Einstimmig­keit in der EU erfordert. Der Österreich­er versucht daher, den Durchbruch mit einigen Zugeständn­issen zu erreichen, die am heutigen Dienstag bei der Ratssitzun­g debattiert werden sollen.

Schon länger auf dem Tisch liegt der Vorschlag, dass die Digitalste­uer ein Ablaufdatu­m haben soll. Wenn es auf internatio­naler Ebene eine Einigung auf eine neue Systematik für digitale Aktivitäte­n geben sollte, würde die als Umsatzsteu­er konzipiert­e Service-Tax der EU fallen. Doch auch die auf Ebene der Industries­taatenorga­nisation OECD geführten Gespräche gestalten sich schwierig.

Zweite Abschwächu­ng: Ursprüngli­ch sollte auch das Datengesch­äft der Digitalste­uer unterzogen werden. Dieser Punkt wurde nun ausgeklamm­ert. Löger möchte ausloten, ob die Zustimmung wächst, wenn die Nutzerdate­n nicht besteuert werden. (as)

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