„Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage“
Im Wiener Konzerthaus kann man sich mit Bachs Weihnachtsoratorium und einem „Sing Along“auf die Festtage einstimmen
Wie der in Festtraditionen erfahrene Mensch weiß, ruht eine gelungene Vorbereitung für das Großereignis Weihnachten auf drei Säulen: der Auswahl inspirierender Geschenke, der Flexibilisierung der Stimmbänder zum Zwecke eines geschmeidigen Gesangsstils am Heiligen Abend sowie der geeigneten seelisch-mentalen Vorbereitung auf die Feier.
Zu Säule eins: siehe Artikel oben. Zu Säule zwei: Alle Jahre wieder gibt es beim Weihnachtsfest einen Moment, in dem bei den Laiensängern die Spreu vom Weizen getrennt wird. Dieser ereignet sich, wenn beim beliebtesten Lied jener Stunden, dem Everwhite Stille Nacht, heilige Nacht, die Worte „Schlaf in himmlischer Ruh“gesungen werden. Die exponierte Melodielage bei „himmlisch“sowie der Große-TerzSchleifer nach oben bei „Ruh“fordern maximale Elastizität. Speziell wenn das Lied, wie dies fast immer der Fall ist, zu hoch begonnen wurde. Um dieses Problem wissen die Verantwortlichen im Wiener Konzerthaus und bieten zum Training ein „Sing Along“zum Thema „Internationale Weihnacht“an.
Im Mozart-Saal kann am vorletzten Samstagnachmittag vor dem Wiegenfest des Gottessohnes schon einmal jubiliert werden. Heinz Ferlesch leitet die ihm anvertraute Wiener Singakademie, eine sechs- köpfige „Combo“sorgt für instrumentale Unterstützung. (15. 12., empfohlen ab zwölf Jahren).
Zu Säule drei: Kaum ein Werk stimmt den Hörer bezaubernder auf die biblischen Ereignisse der Heiligen Nacht ein als Bachs Weihnachtsoratorium. Aus diesem Grund wird es von den Wiener Symphonikern unter der Leitung von Philippe Jordan auch gleich dreimal aufgeführt. Die Wiener Singakademie ist auch hier mit von der Partie, das hochkarätige Solistenquartett wird angeführt von der wundervollen Julia Kleiter; Wiebke Lehmkuhl, Werner Güra und André Schuen komplettieren dann auch die vokale Exzellenz.
Die Einstimmung auf die Festtage vonseiten der Symphoniker und der Singakademie kann im Wiener Konzerthaus auf eine fast hundertjährige Geschichte zurückblicken. Da es vor dem Weihnachtsfest die Kräfte gut einzuteilen gilt und schon Albert Schweitzer vor einer Ermüdung des Hörers gewarnt hat, wenn das komplette Werk an einem Abend aufgeführt würde, bescheidet man sich auf die Wiedergabe der Teile vier bis sechs. (15.–17. 12.)
Also: Erschallet, Trompeten! Und obwohl dieser Chor am Beginn des ersten Teils zu hören ist, sei geschlossen mit den Worten „Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage“! (sten)