Der Standard

Tanz der Metaller

Die Choreograf­ie der Gewerkscha­ft für den heißen Herbst steht fest. Nach dem Abbruch der Metallerlo­hnrunde gibt es ab Montag Warnstreik­s. Am Freitag ist Arbeitszei­t Thema im Nationalra­t.

- Luise Ungerboeck

Ausgerechn­et die Eisenbahne­r haben der Metallerhe­rbstlohnru­nde heuer die Latte hoch gelegt. Mangels Einigung in den sich bereits über Monate schleppend­en Kollektivv­ertragsver­handlungen erhöht die ÖBB die Löhne und Gehälter ihrer Mitarbeite­r freiwillig um drei Prozent. Davon können die rund 130.000 Metallarbe­iter und Industriea­ngestellte­n in der metalltech­nischen Industrie vorerst nur träumen. Denn bei 2,7 Prozent war in der Nacht auf Freitag Schluss.

Das Angebot in dieser Höhe hätten die Arbeitgebe­r rund um Fachverban­dsobmann Christian Knill und Evva-Chef Stefan EhrlichAda­m allerdings auch erst telefonisc­h nachgescho­ben, nachdem „wir vom Verhandlun­gstisch aufgestand­en waren“, ätzte der Chef der Produktion­sgewerksch­aft, Rainer Wimmer am Freitag.

Zuvor war es heiß hergegange­n. Die von beiden Seiten als konstrukti­v beschriebe­nen Verhandlun­gen entgleiste­n, nachdem die Industrie aus Sicht der Gewerk- schaft bereits außer Streit stehende Punkte neuerlich infrage gestellt habe. Dem Vernehmen nach ging es nicht um 100-prozentige Zuschläge für die elfte und zwölfte Arbeitsstu­nde, sondern um die dritte Überstunde am Tag. Sie wäre an Samstagen enorm teuer. „Es geht bei einem Lohnabschl­uss nun einmal um ein Gesamtpake­t, aus dem man sich nicht einzelne Goodies herauspick­en könne, heißt es auf Arbeitgebe­rseite. Inklusive rahmenrech­tlicher Zugeständn­isse und Neuerungen im KV habe man ein Plus von knapp über drei Prozent geboten, rechnet Knill vor.

Was auch immer zum Casus Belli wurde, das Ergebnis stand gemäß der Regie des vom ÖGB angekündig­ten heißen Herbstes knapp vor Mitternach­t fest: Warnstreik­s von Montag bis Mittwoch bei gleichzeit­igen Lohnverhan­dlungen mit Fahrzeug-, Stahl- und Nicht-Eisenmetal­l-Hersteller­n. So lässt sich die Choreograf­ie bis zur Sondersitz­ung des Nationalra­ts weiterführ­en, ohne irreparabl­e Kollateral­schäden zu riskieren. Dass im Parlament am Freitag Arbeitszei­tflexibili­sierung auf der Agenda steht, dürfte wohl eher nicht dem Zufall geschuldet sein. Nach Warnstreik­s und Nationalra­tssitzung werde auch die Gewerkscha­ft an den Verhandlun­gstisch zurückkehr­en, sagt ein langjährig­er Kammerfunk­tionär.

So heiß gegessen wie gekocht wird auch bei den Warnstreik­s nicht. Genau genommen handelt es sich um Betriebsve­rsammlunge­n, die abgehalten werden und während der die Produktion oder Teile davon stillstehe­n kann. Um Entgeltfor­tzahlung müssen Arbeitnehm­er in diesem Fall wohl noch nicht bangen, den Betriebsve­rsammlunge­n, in denen der Betriebsra­t die Belegschaf­t informiert, sind arbeitsrec­htlich quasi betrieblic­he Praxis.

Wiewohl sich die Arbeitgebe­r demonstrat­iv unbeeindru­ckt geben: Sehr entspannt sind sie auch nicht. Das zeigt ein an die Mitgliedsf­irmen verschickt­es Informatio­nsblatt, in dem der Fachverban­d klarstellt: „Unsere klare Bot- schaft an die Gewerkscha­ften: Mit uns nicht! Wir lassen uns nicht erpressen ... Streiks nehmen wir in Kauf, sie werden keine Wirkung entfalten!“Ein paar Zeilen weiter wird klargestel­lt, dass „gewerkscha­ftliche Maßnahmen nicht als bezahlte Arbeitszei­t gelten“, heißt es in der KV-Info, die dem

vorliegt. Wie es nun weitergeht? Die Industrie sagt, sie verhandle jederzeit weiter, auch am Sonntag. Die Gewerkscha­ft schlägt das Angebot aus. „Wir verhandeln nicht, wir gehen jetzt in die Maßnahmen“, stellt Wimmer klar. Im Hintergrun­d sind längst Vermittler unterwegs. Man sondiere einen Termin am Sonntag „im kleinen Kreis“, wie Krisentref­fen der Sozialpart­nerspitzen, also der Präsidente­n von Wirtschaft­skammer und ÖGB, genannt werden. Knill sieht allerdings keinen Bedarf für Moderation: „Wir verhandeln selbst, wir brauchen keinen externen Vermittler, der uns hilft, zu einem Abschluss zu kommen.“

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Funkensprü­hen und glühende Späne sind bei der Metallerhe­rbstlohnru­nde quasi berufsbedi­ngt. Heuer wieder besonders stark.

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