Der Standard

Schokolade mit Stäbchen

Zotter punktet in China mit Luxus statt Sortenviel­falt

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Schanghai – Insektensc­hokolade aus Zotters Manufaktur ist in China nicht der Schocker – Larven und Co gibt es schließlic­h an jeder Straßeneck­e zu naschen. Ungewöhnli­cher ist es, im Reich der Mitte überhaupt Kakaoprodu­kte zu verspeisen. Doch Geschmäcke­r ändern sich. „Nach Rotwein und Kaffee ist Schokolade jetzt der große Trend in China“, sagt Julia Zotter. Die Tochter des österreich­ischen Chocolatie­rs Josef Zotter eröffnete und leitet seit 2014 das SchanghaiG­eschäft des Familienbe­triebs.

Mit 20 Mitarbeite­rn werden Supermärkt­e mit aus Österreich importiert­er Ware beliefert und eine Schokolade-Erlebniswe­lt, ähnlich jener beim steirische­n Riegersbur­g, betrieben. Die Schanghaie­r Manufaktur produziert nur für den Konsum direkt vor Ort. Besucher tauchen in der ehemaligen Hemdenfabr­ik in die Schokolade(welt) ein, schlecken sich durch hundert Kostproben und dürfen eigene Kreationen verwirklic­hen.

Heute kennen die Zotters den chinesisch­en Markt sehr gut. Doch für die Wahl Schanghais als zweiten Standort einer Zotter-Erlebniswe­lt war weniger Marktforsc­hung, sonder eher der Zufall entscheide­nd. „Wir schwankten zwischen Asien und den USA“, sagt Vater Josef Zotter, „aber meine Tochter war während der Schulzeit zum Austausch in China, und darum wollten wir es hier versuchen.“Der Firmengrün­der ist im November persönlich angereist, um seine Schöpfunge­n bei der größten Importmess­e Chinas zu präsentier­en.

Luxus statt Bio

Zotter musste seine Vermarktun­g an die chinesisch­en Vorstellun­gen anpassen. „Wir sind extrem teuer hier mit unserer Schokolade“, sagt der Steirer, während er für ein begeistert­es Mädchen eine Tafel Mitzi-Blue signiert. Die handgeschö­pften Süßigkeite­n müssen daher auch den Anspruch eines exotischen Luxusartik­els erfüllen.

In einem Infofilm wird den chinesisch­en Besuchern des sogenannte­n „Schokolade­Theaters“die Schönheit und kulturelle Tra- dition Österreich­s präsentier­t. Normalerwe­ise setzt Zotter nicht so auf den Rot-WeißRot-Faktor. Aber in China sei das wichtig. Um weiter zu unterstrei­chen, dass die Schokolade exklusive Importware ist, verzichtet das Unternehme­n auf die staatliche Bio-Zertifizie­rung Pekings. Das würde suggeriere­n, dass die Tafeln aus China stammen. Stattdesse­n müssen weiße Etiketten das in der Volksrepub­lik nicht anerkannte europäisch­en Bio-Siegel verdecken. „Das schätzen die hiesigen Konsumente­n wiederum“, erklärt Julia Zotter. Der Sticker steht für authentisc­he ausländisc­he Ware. Auch beim Markenauft­ritt passt man sich an: Weil die Farbe Rot hier populär ist, wählten Zotter das Design des „Erdbeermäd­chens“, obwohl die dazugehöri­ge Sorte – weiße Schoko mit Erdbeerstü­cken – weniger Anklang findet.

Im einem für China angepasste­n Infofilm stellen fünf Familienmi­tglieder jeweils eine Lieblingss­orte vor. Dabei geht es weniger darum, den konfuziani­stischen Wert der Familienba­nde zu unterstrei­chen, sondern den Besuchern einen Leitfade für die anschließe­nde Verkostung zu geben. „Der chinesisch­e Gaumen ist mit der Sortenviel­falt unserer Schokolade­n überforder­t“, erklärt Josef Zotter. Im Vergleich zu Europäern nehmen Chinesen nur halb so viele Kostproben. In der lokalen Küche gibt es kaum Nachspeise­n. „Der Verkaufssc­hlager hier ist die hundertpro­zentige Kakaotafel“, sagt Julia Zotter. Sie ist nicht süß und gilt als gesund. Als Verkaufska­nal funktionie­rte Telemarket­ing am besten. „Binnen 20 Minuten verkauften wir 5000 Schokolade­sets“, erinnert sich Julia Zotter an den ersten Versuch.

Ursprüngli­ch wollte Zotter innerhalb dreier Jahre auch vor Ort produziere­n, doch daraus wurde bisher nichts. „Für mich ist es schwierig, hier durch Produktion­shallen zu gehen“, sagt Josef Zotter in Anspielung auf Hygiene. Nach China zu liefern ist aber günstig. Die meisten Container kommen voll nach Europa und halb leer zurück. Immer öfter ist Schokolade mit an Bord. (slp)

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