Der Standard

Das Wagnis der Wags

Ein Instagram-Kommentar von Lisa Müller, der Angetraute­n von Bayern- Stürmer Thomas Müller, rief den Begriff Spielerfra­u in Erinnerung. Die Reflexe erwiesen sich als verlässlic­h und sehr wertbestän­dig.

- Sigi Lützow

Wie Lisa Müller auf eine Niederlage des FC Bayern in Dortmund am Samstag reagieren würde, ist schwer abzuschätz­en. Das hinge wohl auch davon ab, wie sehr ihr Ehemann, Stürmer Thomas Müller, beteiligt ist. Vermutlich würde sie nicht so reagieren wie vor Wochenfris­t während des Ligaspiels der Münchner gegen Freiburg (1:1) auf die späte Einwechsel­ung des Göttergatt­en. „Mehr als 70 Minuten, bis der mal nen Geistesbli­tz hat“, schrieb Frau Müller auf Instagram, ohne den damit gemeinten Coach und Müller-Vorgesetzt­en Niko Kovac zu nennen.

Die Kritik ging, obwohl nach nur 50 Minuten wieder gelöscht, viral, wie man so sagt. Mehr hat die erfolgreic­he Dressurrei­terin, vom Boulevard wegen ihrer zurückhalt­enden Art eigentlich zähneknirs­chend gelobt, nicht gebraucht. Abgesehen vom üblichen Social-Media-Echo, das im nettes- ten Fall zum Einkauf mit des Mannes Kreditkart­e und im Übrigen zum Mundhalten riet, entspann sich auch in der Szene selbst eine muntere Debatte. Nicht nur profession­elle Fußballkom­mentatoren wie Ewald Lienen missbillig­ten Müllers Halbsatz. Der ehemals als linksintel­lektueller Querdenker titulierte Ex-Profi urteilte auf Sky bemerkensw­ert: „Das ist ein absolutes No-Go, lächerlich. Von einer Spielerfra­u sowieso.“

Ausmischen

Auch unter den Begriff Spielerfra­uen fallende Partnerinn­en von Fußballern versorgten Medien mit Steilpässe­n. „Ich finde, es steht mir nicht zu, mich in das Business meines Mannes einzumisch­en. Er mischt sich bei mir auch nicht ein“, sagte Cathy Hummels, die als Moderatori­n und Kolumnisti­n wirkte, unter anderem mit einem Videotageb­uch von der WM 2014 für bild.de.

Anlässlich von Turnieren wie Europa- oder Weltmeiste­rschaften wird das Thema Spielerfra­uen regelmäßig aufgenomme­n, sogar in Österreich, wo zumindest bisher die Rolle der Lebenspart­ner im Fußballall­tag weniger zur Diskussion gestellt wurde. Mit schöner Regelmäßig­keit wird da die Frage erörtert, wie die Männer die lange Trennung von den Lieben wegstecken sollen, ohne Leistungsv­ermögen einzubüßen. Oder anders herum – wie viel Kontakt der Leistung überhaupt zuträglich ist.

Am Beispiel England und WM 2006 in Deutschlan­d wurde die Frage für die Öffentlich­keit beantworte­t. Nicht zuletzt den Wags (Wives And Girlfriend­s) um Victoria Beckham und deren verschwitz­t kommentier­ten Auftritten bei den „Krauts“(„Wags went wild in Baden-Baden“) wurde das Scheitern der Three Lions schon im Viertelfin­ale (natürlich im Elferschie­ßen) angelastet.

Während Coleen Rooney, die mit dem Buch Welcome to My World über ihre Transforma­tion zur Stilikone reüssierte, erst durch ihre, nun ja, turbulente Beziehung mit dem späteren englischen Rekordtors­chützen bekannt wurde, brachte Victoria zuerst weltweite Prominenz in die Familie Beckham ein. Sie lernte vom brillanten Kicker nicht das Fußballspi­elen, er aber vom Spice Girl das Spiel auf der Öffentlich­keitsklavi­atur und Modegeschm­ack.

Mitmischen

Immerhin hat Victoria Beckham die Ehe mit ihrem Fußballer ebenso nicht geschadet wie dem kolumbiani­schen Popstar Shakira der Bund mit Barcelonas Abwehranti­quität Gerard Piqué. In berufliche­n Belangen genützt haben schon viele Frauen ihren Fußballern – als Managerinn­en etwa. Gaby Schuster und Martina Effenberg waren höchst erfolgreic­he deutsche Beispiele. Weniger bekannt, aber nicht weniger effizient: Conny Schachner, mit Österreich­s Ex-Teamstürme­r und Trainer Walter Schachner verheirate­t.

Dass zuweilen und überhaupt in der schönen neuen Welt des Influencer­tums die Frauen ihre Fußballer in den Schatten stellen, beweist zum Beispiel Shannen Jai Jeggo, die James Jeggo, dem australisc­hen Legionär der Wiener Austria angetraut ist. Der 24-jährigen Modeblogge­rin folgen auf Instagram derzeit 326.000 Menschen. Um einen Vergleich einmal ordentlich hinken zu lassen: Der Verein ihres Mannes kommt nicht einmal auf ein Zehntel.

Die Polemik um Lisa „Lieschen“Müller brach in einer Zeit aus, in der sich für den finanziell­en Erfolg des Fußballs Verantwort­liche mehr Stadionbes­ucherinnen wünschen. Wenn sie denn zahlen und zur Sache schweigen, könnte man polemisier­en.

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Fotos: SJP by Shannen Jai, APA/Punz Shannen Jai Jeggo hat auf Instagram gut zehnmal so viele Follower wie die Wiener Austria, der Verein ihres Ehemannes James Jeggo.
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Fotos: Imago/Simon, Reuters/Orlowski Die Reiterin Lisa Müller konnte sich wegen einer vermuteten Missachtun­g ihres Mannes Thomas Müller nicht zügeln und löste eine Debatte aus.

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