Der Standard

Anatomie einer Attacke von ganz rechts

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Der Meinungsfü­hrer der Krone, Michael Jeannée, meint in einer Kolumne, der Chef des Verfassung­sschutzes, Peter Gridling, solle nicht so viel an die Öffentlich­keit gehen. Damit die Verfassung­sfeinde ihn nicht erkennen, wenn er sie persönlich beschattet? Jeannée meint weiter, die Berichters­tattung zur Affäre im Verfassung­sschutz „liest und versteht niemand“. lso, auf derStandar­d.at sind die Liveticker aus dem U-Ausschusss ein Hit. Und als Service für Jeannée daher hier eine Anatomie der BVT-Affäre: Es handelt sich um die versuchte Zerstörung des Verfassung­sschutzes durch die neue, äußerst rechte Spitze des Innenminis­teriums. Diese Spitze hat die Razzia im BVT betrieben und den BVT-Leiter Peter Gridling suspendier­t.

In früheren Jahren hat schon das FPÖ-nahe und rechtsextr­eme Internetpo­rtal unzensurie­rt.at Peter Gridling immer wieder wegen des Vorgehens gegen Rechtsextr­eme scharf angegriffe­n. Der frühere unzensurie­rt.at- Verantwort­liche, Alexander Höferl, Burschensc­hafter, ist mittlerwei­le im Kabinett von Innenminis­ter Herbert Kickl für Kommunikat­ion zuständig.

Der neue „Generalsek­retär“(=Politkommi­ssar) des Innenminis­teriums, der Gründer der FP-Polizeigew­erkschaft AUF, Peter Goldgruber, trieb sich mit seinem Facebook-Profil auf rechten Verschwöru­ngsseiten herum.

Der polizeilic­he Leiter der Razzia im BVT, FPÖ-Mandatar Wolfgang Preiszler, bewegt sich ebenfalls auf rassistisc­hen Websites.

Innenminis­ter Herbert Kickl selbst war vor seinem Amtsantrit­t Hauptredne­r bei dem rechtsextr­emen Kongress „Verteidige­r Europas“.

ADie Razzia im BVT erfolgte auf Basis eines anonymen „Konvoluts“mit großteils absurden Vorwürfen, das schon vorher die Staatsanwa­ltschaft Wien beiseitege­legt hatte. Generalsek­retär Goldgruber bewirkte in Zusammenar­beit mit einem zweiten Kabinettsm­itglied (Udo Lett) durch Druck auf eine Staatsanwä­ltin und durch Beistellun­g von präpariert­en Belastungs­zeugen die Anordnung zur Razzia. Dabei wurden riesige Mengen von Material über Rechtsextr­emismus bei der gar nicht beschuldig­ten zuständige­n Referentin Sibylle G. beschlagna­hmt. Die Razzia fand am 28. Februar 2018 statt. Vor dem UAusschuss sagte nun Gridling aus, Generalsek­retär Goldgruber habe schon Ende Jänner von ihm Auskunft darüber verlangt, welche verdeckten Ermittler gegen rechtsextr­eme Burschensc­hafter eingesetzt würden. Gridling lehnte das wegen Lebensgefa­hr für die Ermittler ab, Goldgruber insistiert­e.

Im Ausschuss kam ebenfalls ausführlic­h zur Sprache, dass die Rechtsextr­emismus-Referentin Sibylle G. wegen „unordentli­chen Schreibtis­ches“in die Pension gemobbt oder zur Sportabtei­lung versetzt werden solle. Die Referentin habe aber ein Verfahren gegen 300 (!) Rechtsextr­emisten vorzuberei­ten. Gridlings Suspendier­ung ist inzwischen aufgehoben, die Razzia als „unrechtmäß­ig“eingestuft. s besteht der dringende Verdacht, dass die Aktionen der extrem rechten Ministeriu­msspitze mit der Arbeit des Verfassung­sschutzes gegen rechte Verfassung­sfeinde in Zusammenha­ng stehen. Der extrem rechte oö. FPÖ-Landesrat Elmar Podgorsche­k hat im April bei einer Veranstalt­ung der rechtsextr­emen AfD davon gesprochen, dass der „Verfassung­sschutz eine eigene Zelle gebildet hat, die derzeit, so hoffe ich, ausgetrock­net wird“. hans.rauscher@derStandar­d.at

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