Der Standard

Merkel, Kompromiss­e und der Multilater­alismus

Nach Macron ist nun auch die deutsche Kanzlerin für eine europäisch­e Armee

- Fabian Sommavilla aus Straßburg

Es erfülle sie mit „großer Freude und Dankbarkei­t, vor dem größten demokratis­chen Parlament der Welt zu sprechen“, sagte die deutsche Bundeskanz­lerin Angela Merkel am Dienstag in Straßburg. Wie schon vor mehr als elf Jahren – bei ihrem ersten Auftritt vor den EU-Abgeordnet­en – hielt sie ein flammendes Plädoyer für einen proeuropäi­schen Multilater­alismus.

Unter anderem lobte Merkel die großen Errungensc­haften Euro- pas, die letzten Endes immer durch einen Willen zur Kompromiss­bereitscha­ft ermöglicht worden seien. Sie sprach von Toleranz und Solidaritä­t und gab deren Vertiefung als Ziel für die nächsten Jahre aus – auch wenn „nicht alle Probleme in Europa ein Problem für Europa“seien. Zwar sei die Seele Europas in den vergangene­n Jahren durch Terrorismu­s, Migration und Wirtschaft­skrise „strapazier­t“worden, doch gerade die aktuellen Gedenkvera­nstaltunge­n zum Weltkriegs­ende vor 100 Jahren würden einmal mehr beweisen, dass es sich lohne, sich für Europa abzumühen.

Merkel rief zur Überwindun­g von Nationalis­men ebenso wie zur vehementen Einhaltung rechtsstaa­tlicher Prinzipien auf. Fehler in der Flüchtling­spolitik gestand Merkel insofern ein, als dass sie zugab, das Thema zu spät als ge- samteuropä­isches Problem forciert zu haben. Gerade bei solch sensiblen Fragen müsse man künftig gemeinsame Maßstäbe definieren – und etwa ein europäisch­es Asylverfah­ren etablieren.

Die Buhrufe aus der ultrarecht­en Ecke waren am stärksten, als Merkel sich – wie Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron – zu einer europäisch­en Armee und zum Ende des Einstimmig­keitsprinz­ips in außenpolit­ischen Fragen bekannte. Man könne sich nicht länger vorbehaltl­os auf alle Partner verlassen, sagte sie, ohne die USA beim Namen zu nennen.

Wo ist der Tierarzt?

Merkel nahm die Zwischenru­fe gelassen, sie „komme auch aus dem Parlament“und sei das gewohnt. Parlaments­präsident Antoni Tajani hingegen wollte ob des Jaulens bereits den Tierarzt holen.

 ?? Foto: Reuters / F. Bensch ?? Angela Merkel nahm die Buhrufe aus der rechten Ecke gelassen hin.
Foto: Reuters / F. Bensch Angela Merkel nahm die Buhrufe aus der rechten Ecke gelassen hin.

Newspapers in German

Newspapers from Austria