Bilanzsaison enttäuscht
Die schwächste Bilanzsaison seit 2015 setzt den Börsen weltweit zu. Anleger strafen Quartalsergebnisse, die schwächer als erwartet ausfallen, rigoros ab.
London – Als wären Zollkonflikt, Haushaltsstreit und Brexit nicht genug: Nun bereitet auch noch die enttäuschendste Bilanzsaison seit knapp drei Jahren Aktienanlegern Kopfschmerzen. Der Leitindex Stoxx der 600 größten europäischen Börsenwerte steuert mit einem Minus von fast sieben Prozent seit Anfang Jänner auf den größten Jahresverlust seit 2011 zu.
Die Abkühlung der Konjunktur schlage sich stärker in den Firmenbilanzen nieder als erwartet, sagt Caroline Simmons, Manage- rin bei der Vermögensverwaltung der Bank UBS. „Der wichtigste Grund, warum sich die aktuelle Berichtssaison so schwach anfühlt, ist die Abwesenheit sehr guter Zahlen, weniger eine größere Anzahl großer Enttäuschungen“, schreiben die Analysten der Bank Morgan Stanley in einer Studie.
Dabei hatten Analysten schon vor Beginn der Bilanzsaison für das dritte Quartal ihre Erwartungen heruntergeschraubt. Dennoch lag die Zahl der übertroffenen Prognosen Daten des Anbieters Refinitiv zufolge nur 7,5 Prozent über den verfehlten. Das sei die geringste Quote seit dem vierten Quartal 2015. Im Schnitt steigerten die Stoxx-600-Firmen ihren Gewinn im Vergleich zum Vorjahresquartal um 15,8 Prozent und steuern auf ein Gesamtjahresplus von 8,4 Prozent zu. 2017 hatten sie ihre Überschüsse noch um 12,2 Prozent gesteigert.
Gründe für das geringere Gewinnwachstum sind vor allem steigende Rohstoff- und Energiekosten sowie Belastungen durch Strafzölle. Bei den Autobauern kommen die Kosten für die Aufarbeitung des Abgasskandals hinzu. BMW und Daimler kappten ihre Gewinnziele. Auch Zulieferer wie Continental, Michelin oder Valeo blicken pessimistischer in die Zukunft.
In anderen Branchen sieht es kaum besser aus: Die Baustoffkonzerne Heidelberg Cement und Lafarge Holcim, der Onlinehändler Zalando, die Modefirma Hugo Boss oder die Mediamarkt/SaturnMutter Ceconomy sorgten ebenfalls für lange Gesichter. Chris Bailey vom Vermögensberater Raymond James meint: „Die Erwartung an das europäische Wachstum sind so niedrig, dass es nächstes Jahr nur Überraschungen geben kann.“(Reuters)