Nach rassistischem Video verspricht FPÖ Qualitätscheck
Tag eins nach dem Gipfel gegen Hass im Internet: Die FPÖ will sich künftig vorher ansehen, welche Videos online gepostet werden – und warnt gleichzeitig vor „Überwachungsstaatstendenzen“.
Wien – Einen Tag nach dem von der Regierung abgehaltenen Gipfel gegen Hass im Internet ging FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auf Distanz zu einem von seiner eigenen Partei kurzfristig online gestellten Video gegen E-CardMissbrauch. Anlässlich des Spots, der mit rassistischen Klischees gespickt war, versprach Strache, die Partei werde künftig stärker auf die Qualität ihrer Produktionen achten. Eine Entschuldigung kam vom Vizekanzler allerdings nicht, auch die Einstufung rassistisch vermied er. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bezeichnete das Video als „nicht akzeptabel“. (red)
Schuld war ein einfacher Mitarbeiter in der FPÖ-Parteizentrale. Weder die Pressesprecher des Vizekanzlers oder der Sozialministerin noch der Generalsekretär und schon gar nicht die Parteispitze habe das rassistische Klischees bedienende FPÖVideo gegen E-Card-Missbrauch gekannt. So lautete am Mittwoch der Erklärversuch der Freiheitlichen für das noch am Dienstag nach breiter Empörung gelöschte Online-Werbevideo.
Sozialmissbrauch durch die E-Card wurde darin von einem Fes tragenden „Ali“veranschaulicht. Dieser Ali wollte sich mit der E-Card seines Cousins Mustafa „die Zähne auf Vordermann bringen lassen“. Weil die E-Card künftig aber mit einem Foto versehen wird, scheitert er: „Pech gehabt, Ali. Es heißt nun: Sozialmissbrauch ade“, dichtete der einfache FPÖ-Mitarbeiter. Sozialministe- rin Beate Hartinger-Klein erklärte in einer Einspielung, man wolle verhindern, dass sich jemand ins Sozialsystem einschummle.
Aber wie gesagt: Das fertige Video wollte niemand gesehen haben, bevor es auf FPÖ-TV veröffentlicht wurde. Ob es der blaue Klubchef Johann Gudenus angesehen hat, bevor er es am Dienstag in den Social Media teilte, ist nicht überliefert. Später löschte er den Eintrag jedenfalls wieder.
Kein Einzelfall
Zudem wurde „Ali“nicht das erste Mal von der FPÖ eingesetzt. 2017 kam er in einem Video mit dem Titel „Nein zu türkischen Doppelstaatsbürgern in Österreich“vor. Auch in einem Video der FPÖ Oberösterreich von 2014 wurde auf eine ähnliche Darstellung zurückgegriffen.
Konsequenzen für den Mitarbeiter hat es im aktuellen Fall nicht gegeben, wie es bei den Blauen heißt. Er habe aber die „dunkelgelbe Karte“gezeigt bekommen. SOS Mitmensch hätte mindestens die Rote gezückt. Die Organisation brachte eine Anzeige gegen die FPÖ Wien wegen Verdachts auf Verhetzung ein.
Strache selbst erklärte nach dem Ministerrat, es habe ein „Controllinginstrument“gefehlt, und versprach für die Zukunft ein „Qualitätsmanagement“. Als rassistisch stufte der FPÖ-Chef das Video aber nicht ein, er bezeichnete es als „überspitzt“, „provokativ“, „unnotwendig“und meinte, er habe „keine Freude“damit. Schließlich werde durch die Aufregung darüber das eigentliche Thema, nämlich der Missbrauch bei der E-Card, der „in der Regel“durch Ausländer passiere, überlagert.
Thema waren die filmischen Aktivitäten der FPÖ laut Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auch in der Regierungssitzung. Danach ließ er wissen: „Ich lehne das Video klar ab und halte es für nicht akzeptabel. Ich halte es für wichtig, dass es vom Netz genommen wurde.“Von seinem Koalitionspartner wurde damit auch der „Gipfel zu Verantwortung im Netz und Gewaltprävention“, der am Dienstag stattfand, konterkariert.
Gleiche Maßstäbe
Wie berichtet wurde dabei mit Experten beraten, was man gegen Hass, Herabwürdigungen und Demütigungen im Netz tun könnte. Am Mittwoch wurde dazu auch bereits ein Ministerratsbeschluss gefasst, der aber noch nichts Konkretes enthält. Es heißt nur recht allgemein: „Nur wenn Opfer auch die Möglichkeit bekommen, die Identität der Täter bei Rechtsverletzungen zu kennen, werden die gleichen Maßstäbe wie auch in der analogen Welt gelten können. Eine wirksame Authentifizierung zur Bestätigung der Nutzerdaten auf Online-Plattformen ist dabei unumgänglich.“
Was man sich genau darunter vorstellen darf, ist noch unklar. Man stehe erst am Anfang der Diskussion, betonten Kurz und Strache. Der Vizekanzler macht aber einmal mehr klar, dass er nichts von einer Klarnamenpflicht halte, sich also Menschen, die sich nichts zuschulden haben kommen lassen, online nicht mit ihrer wahren Identität auftreten müssen.
Wörtlich warnte Strache vor „Überwachungsstaatstendenzen“, im Ministerratsbeschluss heißt es sogar, das Recht auf freie Meinungsäußerung müsse „gestärkt“werden. Die FPÖ-nahe Seite unzensuriert.at zeigte sich gar euphorisch: „Keine Klarnamenpflicht: FPÖ verhindert Anschlag auf Meinungsfreiheit im Internet“, lautete die Schlagzeile.