Der Standard

Der russische Spion

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Okay, also die Russen haben seit den 90er-Jahren einen Maulwurf im österreich­ischen Verteidigu­ngsministe­rium sitzen, der für sie spioniert haben soll. Was gibt es sonst noch Neues? Dass Russland und vorher die Sowjetunio­n nicht nur auf Spionage angewiesen waren, um etwa den technologi­schen Rückstand auszugleic­hen, ist ein uralter Hut; dass alle anderen auch spionieren, ebenfalls; dass das österreich­ische Bundesheer in den Balkankrie­gen den Funkverkeh­r abgehört hat und ihn immer noch abhört, ebenfalls.

Die Regierung entschloss sich aber, das groß zu inszeniere­n, mit Pressekonf­erenz von Kanzler und Verteidigu­ngsministe­r vor der Festnahme des Verdächtig­en. Blöderweis­e hat das Ge- richt die U-Haft für den Pensionist­en wieder aufgehoben, weil keine Flucht- und Tatbegehun­gsgefahr besteht. Die Staatsanwa­ltschaft beruft dagegen.

Aber warum macht die Regierung so ein Theater? Vielleicht um von der rechten Attacke auf den Verfassung­sschutz abzulenken? Oder um den überaus peinlichen Eindruck etwas zu korrigiere­n, Österreich werde von Putins Russland als heimlicher Verbündete­r in der EU betrachtet (häufige Reisen des Kanzlers, Tänzchen der Außenminis­terin mit Putin, Vertrag der FPÖ mit Putin-Partei)? Der mutmaßlich­e Spion (er ist nicht der erste) muss zur Rechenscha­ft gezogen werden; dass die Regierung vom Verhalten des „Freundes“Russland enttäuscht ist, ist leicht infantil.

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