Trotz Entwurfs bleibt die Unsicherheit
Finanzmärkte glauben noch nicht an Brexit-Einigung
Wien – Der Schock saß tief, als sich die Briten im Juni 2016 mehrheitlich für einen EU-Austritt entschieden hatten. Das britische Pfund sackte gegenüber dem Euro kräftig ab und konnte sich erst Mitte 2017 wieder stabilisieren. Schnell war klar geworden: Egal, in welcher Form der Brexit erfolgt, die britische Wirtschaft wird darunter leiden. Vergleichsweise unaufgeregt zeigten sich die Finanzmärkte nach der am Dienstagabend bekannt gewordenen Einigung auf einen Vertragsentwurf für den Austritt: Das Pfund gewann zunächst etwas an Boden, gab dann aber doch wieder gegenüber dem Euro nach – als zu groß stuften die Investoren offenbar die Unsicherheiten ein, die über dem Entwurf schwebten.
Grundsätzlich waren die Finanzmärkte zuvor auch auf einen Chaos-Brexit vorbereitet, also auf einen Austritt ohne Einigung mit der EU. Die Schweizer Großbank UBS, die vor allem Teile ihrer Investmentbank in London angesiedelt hat, traf jedenfalls bereits Vorkehrungen für genau diesen Fall: „Wir haben uns auf das Schlimmste vorbereitet und hoffen auf das Beste“, sagte UBS-Verwaltungsratschef Axel Weber am Mittwoch dem Fernsehsender CNBC. „Die kommenden Wochen werden sehr wichtig für Großbritannien und seine Finanzmärkte.“Viele Aufseher hätten große Banken bereits angehalten, ihre Planungen für den Fall eines Chaos-Brexits zu machen.
Vor allem der Finanzplatz London bekommt den britischen EUAustritt in jedem Fall stark zu spüren. Etliche andere international tätige Geldhäuser haben längst angekündigt, Teile ihres Geschäfts auf den Kontinent zu verlagern. Einer der Profiteure dieser Abwanderungen ist die deutsche Finanzmetropole Frankfurt.
Wachstum trotz Brexits
Dessen ungeachtet hat sich die britische Regierung erst Ende Oktober zuversichtlich für die Konjunktur im kommenden Jahr gezeigt und ihre Wachstumsprognose von zuvor 1,3 auf nunmehr 1,6 Prozent angehoben. Das Wachstum sei beständig, betonte Finanzminister Philip Hammond damals bei der Vorstellung seines Haushaltsentwurfs. Etliche Volkswirte sehen dies im Fall eines Austritts ohne Einigung freilich anders.
Dieser dürfte die britische Wirtschaft nach Meinung vieler Experten nämlich schwer belasten. Große Konzerne wie Airbus, BMW, Siemens, Panasonic oder Land Rover Jaguar warnten bereits eindringlich vor Milliardeneinbußen im Fall eines Chaos-Brexits. Besonders für 2020 dürfte dann die Wachstumsprognose der Regierung, die von 1,3 auf 1,4 Prozent angehoben wurde, wohl kaum mehr zu erreichen sein. (aha)