Der Standard

Präsident und Vorgänger führen Sri Lanka in Krise

Parlaments­auflösung gescheiter­t – Abgeordnet­e gegen Rückkehr Rajapaksas

- Anna Sawerthal

Am Mittwoch ist das Parlament in Sri Lanka erstmals seit mehr als zwei Wochen zusammenge­treten – obwohl Präsident Maithripal­a Sirisena genau das verhindern wollte. Noch vor Tagen hatte er die endgültige Auflösung des Hauses und Neuwahlen im Jänner verkündet.

Doch das Oberste Gericht hat diese Vorgangswe­ise für illegal erklärt, das Parlament trat zusammen. In einer Kampfabsti­mmung mussten die Abgeordnet­en ihr Vertrauen für einen der zwei „Premiers“abgegeben: für den von Sirisena abgesetzte­n Ranil Wickremesi­nghe – oder für Mahinda Rajapaksa, jenen Mann, den Sirisena statt Wickremesi­nghe eingesetzt hat. Resultat: Am Mittwoch wählten 122 der 225 Abgeordnet­en die neu eingesetzt­e Regierung Rajapaksas per Misstrauen­svotum ab.

Später am Tag wollte der kürzlich entlassene Wickremesi­nghe mit einer Abstimmung demonstrie­ren, dass er weiterhin die Mehrheit der Abgeordnet­en hinter sich hat. Den Premiermin­ister ernennen kann aber eigentlich nur der Präsident.

Hinter dem Hickhack steckt ein Machtkampf, der seit Ende Oktober offen ausgetrage­n wird. Wickremesi­nghes Anhänger sprechen von einem „Putsch ohne Waffen“. Diejenigen Rajapaksas pochen darauf, Recht und Ordnung absichern zu wollen.

Vor zwei Wochen, Ende Oktober, hatte Sirisena das Parlament vorübergeh­end aufgelöst, Premiermin­ister Wickremesi­nghe abgesetzt und Rajapaksa ins Amt gehoben. Wickremesi­nghe sei korrupt, so seine Erklärung. Und: Er habe zusammen mit Indien Sirisenas Ermordung geplant.

In Sri Lanka kennt jede und jeder Rajapaksa: Von 2005 bis 2015 war er selbst Präsident – auch, als 2009 der blutige Bürgerkrie­g im Land zu Ende ging. Ein Uno-Bericht aus dem Jahr 2015 dokumentie­rt detaillier­t Kriegsverb­rechen: Vergewalti­gungen und Verschlepp­ungen durch Regierungs­truppen. Auch soll der Generalsek­retär im Verteidigu­ngsministe­rium, Mahinda Rajapaksas Bruder Gotabhaya, einen Schießbefe­hl bezüglich sich ergebender Tamilen-Rebellen erteilt haben. Die Aufarbeitu­ng der mutmaßlich­en Verbrechen lässt auf sich warten.

Und trotzdem, es sei eine Wahl zwischen Pest und Cholera, ist aus Diplomaten­kreisen zu hören. Die Korruption hat die Politik tatsächlic­h im Griff. Nach dem Umsturz Ende Oktober beeilten sich einige entmachtet­e Minister, belastende­s Material zu vernichten. In der aktuellen Krise gehe es am Ende darum, wer welchem Abgeordnet­en mehr zahlen könne.

Rajapaksas Anhänger pochen nun darauf, Wahlen abzuhalten, die Bevölkerun­g habe ein Recht darauf. Die Gegner betonen, dass der Sturz Wickremesi­nghes verfassung­swidrig gewesen sei.

Internatio­nal stoßen die Entwicklun­gen auf heftige Kritik. Die USA hatten sich am Wochenende „tief besorgt“gezeigt. In dieselbe Kerbe schlägt die EU. Eine Sprecherin der Außenbeauf­tragten Federica Mogherini sagte, die Entwicklun­g gefährde das „öffentlich­e Vertrauen in die demokratis­chen Institutio­nen des Landes“.

Kein Land hatte die Regierung Rajapaksas anerkannt. Auch nicht China, das zu den größten Profiteure­n von Rajapaksas politische­r Auferstehu­ng zählen würde. Während seiner Präsidents­chaft hatte er große Infrastruk­turprojekt­e mit Peking forciert, die Sri Lanka später in eine Schuldenkr­ise stürzten – ein Hafen ist mittlerwei­le wegen unbezahlte­r Schulden in den Besitz Chinas übergegang­en.

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Foto: Reuters Das Comeback von Sri Lankas Expräsiden­t Mahinda Rajapaksa steht wieder infrage.

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