Kanzler Kurz verteidigt Umgang mit Spionagefall
Das Regierungsoberhaupt rechnet mit einer Verurteilung des Ex- Offiziers, der für Russland Spitzeldienste getätigt haben soll, aber vorerst wieder auf freiem Fuß ist. Wegen der Causa mehren sich nun auch in Lettland Bedenken.
Die auffallend offensive Informationspolitik betreffend den Spionagefall beim Bundesheer verteidigte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch nach dem Ministerrat: Er sprach von „sehr eindeutigen Indizien“in der Causa rund um den pensionierten Offizier, der mehr als zwei Jahrzehnte lang für Russland spioniert und dafür 300.000 Euro kassiert haben soll – deswegen rechnet Kurz in dem Fall mit einer Verurteilung.
Über Vorwürfe einer allzu intensiven Thematisierung habe er ein „bissl schmunzeln“müssen, führte der Kanzler weiter aus, denn: „Was wäre, wenn wir anders gehandelt hätten?“Immerhin seien Beweise sichergestellt und Zahlungen geflossen: „Die Sache ist jetzt bei der Justiz, das ist gut so“– und nach seinem Informationsstand werde es zu einem Schuldspruch kommen.
Konkret richtet sich der Verdacht gegen den 70-jährigen Salzburger wegen des Vergehens des geheimen Nachrichtendienstes zum Nachteil Österreichs, des Verbrechens des Verrats von Staatsgeheimnissen sowie der vorsätzlichen Preisgabe eines militärischen Geheimnisses.
Auch eine nachhaltige Verstimmung mit Moskau wischte der Kanzler vom Tisch – mit Russland pflege man gute Kontakte, und daran werde sich nichts ändern. Nun prüfe man, ob es sich um einen Einzeltäter oder ein Netzwerk gehandelt habe – wobei es für Letzteres keine Indizien gebe.
Nachdem am Dienstag eine Haft- und Rechtsschutzrichterin die Enthaftung des Ex-Offiziers angeordnet und die Staatsanwaltschaft Salzburg Beschwerde dagegen angemeldet hat, entscheidet in den nächsten zehn bis vierzehn Tagen das Oberlandesgericht in Linz über den Fall. Der Akt sei noch nicht eingelangt, hieß es dort, allerdings werde die Sache vordringlich behandelt.
Um Fluchtgefahr hintanzuhalten, hat das Landesgericht Salzburg dem Beschuldigten aber, da wieder auf freiem Fuß, den Reisepass abgenommen und ihm die Weisung erteilt, sich täglich bei der ihm nächstgelegenen Polizeidienststelle zu melden.
Riga beschwichtigt
In Lettland sind einstweilen Bedenken aufgetaucht, der verhaftete österreichische Ex-Offizier könnte auch für die nationale Sicherheit des baltischen Staates relevante Informationen nach Moskau weitergegeben haben. Das Verteidigungsministerium in Riga versuchte jedoch, derartige Sorgen im Zusammenhang mit einem Panzerdeal zu zerstreuen.
Fest steht, dass in den vergangenen Tagen in lettischen Medien spekuliert wurde, ob der Mann auch geheime Informationen über die im Herbst abgeschlossene Lieferung von 47 gebrauchten Panzerhaubitzen aus Österreich an die Russen übermittelt haben könnte. Aus dem Verteidigungsministerium in Riga hieß es dazu, niemand im Ministerium oder in der lettischen Armee sei jemals mit dem betreffenden Offizier in Kontakt gestanden.
Der populäre russische Politikblog Nesygar wiederum hat von geheimen österreichisch-russischen Konsultationen in den letzten Tagen geschrieben, die zu einer Bereinigung der „Situation“rund um mutmaßliche russische Spionage beim Bundesheer geführt hätten. (APA, red)