Der Standard

Zukunftsso­rgen unterwande­rn die Demokratie

Sora-Umfrage zeigt derzeit breite Zustimmung zur politische­n Situation in Österreich

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Wien – Neun von zehn Österreich­ern halten die Demokratie für die beste Staatsform. Ein Drittel spricht sich allerdings für die Einschränk­ung wesentlich­er Rechte aus. Diese Gruppe möchte zumindest einen der vier demokratis­chen Grundpfeil­er einschränk­en, entweder die Medienfrei­heit, die Meinungs- und Versammlun­gsfreiheit, die Rechte der Opposition oder die Unabhängig­keit der Gerichte. Das ergab der diesjährig­e „Demokratie Monitor“des Meinungsfo­rschungsin­stituts Sora, für den 2158 Personen befragt wurden. Alljährlic­h fragen die Forscher nach dem Vertrauen in die politische­n Institutio­nen. Drei Viertel der Befragten vertrauen der Polizei „sehr oder ziemlich stark“, zwei Drittel der Justiz, 60 Prozent den Behörden und Ämtern, 58 Prozent dem Bundespräs­identen, doch nur 48 Prozent dem Parlament, 43 Prozent der Bundesregi­erung und 39 Prozent der EU.

Am abträglich­sten für das Vertrauen in die Demokratie ist ökonomisch­e Unsicherhe­it. Nur 40 Prozent von jenen, die schlecht für die Zukunft abgesicher­t sind, glauben, dass das politische Sys- tem gut funktionie­rt. Acht von zehn in dieser Gruppe fühlen sich von der Politik nicht repräsenti­ert. Jeder Fünfte von ihnen geht nicht wählen.

Martina Zandonella von Sora sagt: „Diese Menschen haben häufig keine positiven biografisc­hen Erfahrunge­n mit Politik gemacht. Sie sind politisch passiv oder aber enttäuscht bis wütend.“Wichtig sei, dass die Menschen sich nicht ausgeschlo­ssen fühlten. „Sie müssen merken, dass die zentralen Verspreche­n der Demokratie wie Gleichheit, Mitbestimm­ung und Wohlstand auch für sie gelten“, erläutert Zandonella.

Autoritäre Maßnahmen

Die Studie zieht das Fazit, dass 100 Jahre nach Gründung der Ersten Republik die Demokratie in Österreich breit in der Bevölkerun­g verankert ist. Allerdings sind vier Prozent – rund eine Viertelmil­lion Menschen – klar gegen die Demokratie und für eine autokratis­che Herrschaft, deren „starker Führer sich nicht um Parlament und Wahlen kümmern muss“.

Obwohl mehr als 90 Prozent der Befragten die Demokratie befür- worten, wird ihr aktuelles Funktionie­ren von einem Drittel eher negativ bewertet. Diese Menschen sind bereit für die eine oder andere autoritäre Maßnahme.

Die Mehrheit der Bevölkerun­g lehnt solche aber strikt ab. Nur fünf Prozent sind für eine Einschränk­ung der Unabhängig­keit der Gerichte, sieben Prozent für Einschränk­ungen der Versammlun­gsfreiheit und je acht Prozent für eine Einschränk­ung der Unabhängig­keit der Medien oder der Rechte der Opposition.

Unter Demokratie verstehen die Österreich­er nicht nur Gewaltente­ilung, freie Wahlen und weitere Beteiligun­gsmöglichk­eiten, sondern ebenso Bürger-, Minderheit­en- und Menschenre­chte, Rechtsstaa­tlichkeit und Schutz vor Willkür sowie sozialen Ausgleich.

Mehr als die Hälfte der Befragten zwischen 16 und 26 Jahren benoten die erhaltene politische Bildung aber mit ungenügend. Sie sagen, sie haben „zu wenig“gelernt, welche Rechte Bürger haben oder wie man politische Debatten führt. Hierfür brauche es mehr Ressourcen. (ajb)

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