Der Standard

Nachholbed­arf bei Tierschutz

EU-Rechnungsh­of legte kritischen Bericht vor

- Julia Schilly

Es gibt eine Lücke im Europäisch­en Tierschutz – und zwar zwischen den Zielen und der Umsetzung in den Mitgliedss­taaten. Das betonte Janusz Wojciechow­ski vom Europäisch­en Rechnungsh­of. Das Kontrollor­gan der Europäisch­en Union legte am Mittwoch einen Bericht zum Schutz von Nutztieren in der EU vor.

Dabei zählt der Rechnungsh­of schwere Versäumnis­se auf: Tiere würden teilweise ohne ausreichen­de Betäubung geschlacht­et oder müssten lange Transporte unter schlechten Bedingunge­n aushalten. Es gebe Lücken bei Kontrollen, mit denen die Einhaltung von EU-Mindeststa­ndards gesichert werden soll. Die Staaten bräuchten viel zu lange, um Richtlinie­n umzusetzen.

Zudem sieht die Gemeinsame Agrarpolit­ik (GAP) eigentlich vor, Betrieben durch Subvention­en Anreize zu geben, ihre Tierhaltun­g zu verbessern. Dieses Angebot müsste jedoch von den EUStaaten besser angenommen werden, fordern die Prüfer. „Finanzmitt­el der GAP könnten besser genutzt werden, um höhere Tierschutz­standards zu fördern“, heißt es dazu im Bericht.

Es sei ein „Skandal, dass nur 1,5 Prozent der Förderunge­n für den ländlichen Raum für den Tierschutz verwendet werden“, kritisiert­e Andreas Manz von der Tierschutz­organisati­on Vier Pfoten.

Österreich gebe in der Förderperi­ode 2014 bis 2020 insgesamt 210.000.000 Euro für Tierwohlma­ßnahmen aus. Dies entspricht 2,67 Prozent der Förderunge­n, berichtete Manz.

Mangelnde Kontrollen

„Man kann nicht mehr so tun, als wäre alles in Ordnung“, kommentier­te der grüne EU-Parlamenta­rier Thomas Waitz den Bericht. Ein großes Versäumnis ortet auch er bei Tiertransp­orten. Der Transport zu einem Schlachtbe­trieb darf höchstens acht Stunden betragen. Mit Spezialfah­rzeugen, durch Pausen und Versorgung­sintervall­e kann die Transportz­eit jedoch verlängert werden. Diese Bestimmung der Tiertransp­ortverordn­ung der EU sowie nationale Tiertransp­ortgesetze werden aber unzureiche­nd kontrollie­rt, sagt Waitz. Zudem werde bei Verladeste­llen oftmals „getrickst“, berichtet Waitz, die vorgeschri­ebenen Ruhezeiten für die Tiere werden dadurch nicht eingehalte­n.

Die Rechnungsp­rüfer untersucht­en Nutztierbe­triebe in fünf EU-Ländern: Deutschlan­d, Frankreich, Italien, Polen und Rumänien. Die Berichterg­ebnisse reflektier­en laut Autoren jedoch die Situation in der gesamten EU. Der Nutztierse­ktor macht nach Angaben des Rechnungsh­ofs rund 45 Prozent der Landwirtsc­haft in der EU aus. Er generiert jährlich 168 Milliarden Euro und beschäftig­t vier Millionen Menschen.

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