Der Standard

Von der Pflicht zur Freiwillig­keit

Metallerge­werkschaft­en und Arbeitgebe­r verhandeln wieder. Über all dem schwebt der Zwölfstund­entag, der in manchen Firmen schon gelebt werden soll.

- Luise Ungerboeck, Walter Müller

Nach zwei Tagen mit stundenwei­sen Betriebsve­rsammlunge­n und/oder Warnstreik­s in knapp 250 Betrieben war der Druck auf die Metaller-Verhandler doch zu groß. Heute, Donnerstag­nachmittag, wird wieder um Löhne und Gehälter für rund 130.000 Metaller und Industriea­ngestellte gefeilscht. Die Verhandlun­gsteams des Fachverban­ds Metalltech­nische Industrie (FMTI) und der Bundesspar­te Industrie rund um Fachverban­dsobmann Christian Knill und EvvaChef Stefan Ehrlich-Adam und Arbeitnehm­ervertrete­r rund um Metallgewe­rkschaftsc­hef Rainer Wimmer und Karl Dürtscher von der GPA kommen in der Wirtschaft­skammer zusammen.

Da Wimmer noch am Montag getönt hatte, man verhandle nur bei Vorliegen eines „substanzie­ll besseren Angebots“weiter, dürfte Bewegungsb­ereitsscha­ft signalisie­rt worden sein. „Obwohl die Gewerkscha­ften die Verhandlun­gen einseitig abgebroche­n haben, sind wir weiterhin zu einem fairen und verantwort­ungsvollen Abschluss bereit und freuen uns auf hoffentlic­h konstrukti­ve Gespräche“, gab sich Knill staatstrag­end. Einen Seitenhieb konnte er sich dennoch nicht verkneifen: „Es scheint heuer aber aus politische­n Gründen vonseiten der Gewerkscha­ft nötig zu sein, die Verhandlun­gen eskalieren zu lassen.“

Während die Verhandler den Zwölfstund­entag im Hinterkopf haben, machen manche Betriebe in der Steiermark laut Arbeiterka­mmer (AK) Nägel mit Köpfen. So tauchen weitere Arbeitsver­träge und Betriebsve­reinbarung­en auf, in denen Arbeitnehm­er verpflicht­et werden sollen, „freiwillig“zwölf Stunden täglich zu arbeiten. „Die im neuen Arbeitszei­tgesetz vorgesehen­e Freiwillig­keit für die Beschäftig­ten ist eine hohle Phrase“, sagt der steirische AK-Präsident Josef Pesserl.

Beschäftig­ten, die etwa auf der Suche nach einem Saisonjob sind, seien bereits entspreche­nde Verträge vorgelegt worden. Ein Arbeitnehm­er habe an die AK in einer E-Mail mit dem Betreff „Sklavenver­trag“etwa einen Dienstvert­rag von einem Luxushotel am Arlberg gesandt, worin es wörtlich heißt: „Der Arbeitnehm­er erklärt seine ausdrückli­che und freiwillig­e Bereitscha­ft, bei Vorlage eines erhöhten Arbeitsbed­arfes im Sinne des Paragrafen 7, Absatz 1 AZG (in der Fassung ab 1. 9. 2018), eine Tagesarbei­tszeit von bis zu zwölf Stunden sowie eine Wochenarbe­itszeit von bis zu 60 Stunden leisten zu wollen.“

Pesserl spricht von dutzenden weiteren Hinweisen auf grundsätzl­iche Änderungen und Kündigunge­n von Betriebsve­reinbarung­en. Dies betreffe bereits Produktion­sbetriebe der Metall- und Holzbranch­e mit mehreren Hundert Mitarbeite­rn.

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Foto: Reuters/Platiau Auf dem Holzweg sieht mancher so manche Firmen.

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