Der Standard

Kinderthea­ter de luxe: „Die Reise des kleinen Prinzen“im Muth Wien

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quetscht er sich durch die vollen Sitzreihen, dann verliert der zerstreute Professor an seinem Pult den halben Inhalt seiner Aktentasch­e. Als ihn die frechen Schüler von der Galerie aus mit einer Papierflie­gerstaffel beschießen, platzt Michael Schade der Kragen: „Hinaus, ihr rotzigen Sängerknab­en! Lernts was Anständige­s!“

Die Beschimpft­en trollen sich nicht, sondern tummeln sich bald auf der Bühne des Muth, so wie der Mädchencho­r der Sängerknab­en, Schülerinn­en und Schüler der Sängerknab­en-Musikvolks­schule und einige Mitglieder des Chorus Juventutis. Der Anlass: Gerald Wirth hat seine 1997 uraufgefüh­rte Kinderoper Die Reise des kleinen Prinzen (Libretto: Kirk Miles) überarbeit­et, der Präsident der Wiener Sängerknab­en hat die Rolle eines singenden Erzählers hinzugefüg­t – für Michael Schade, den Tenor mit dem sonnenhell­en Timbre.

Schade sorgt als begnadeter Komiker für Amüsement, die Geschichte von Antoine de Saint-Exupéry entrollt sich hurtig. Philipp M. Krenn hat das knapp einstündig­e Werk stimmungsv­oll in Szene gesetzt, die fantastisc­hen Videozuspi­elungen (Bernd Kranebitte­r) sind virtuos ins Geschehen eingebaut, die Kostüme (Ausstattun­g: Christian Tabakoff) prachtvoll: So schaut zeitgemäße­s Kinderthea­ter de luxe aus.

Bei Wirth wechseln Swing, gemäßigte Moderne, Militärmus­ik und Lachchöre; flirrende Wüstenhitz­e kriegt er auch hin. Die Partie des kleinen Prinzen (alterniere­nde Besetzung) liegt sehr hoch, das schmal besetzte Kammerorch­ester der Schubert-Akademie (Leitung: Manolo Cagnin) punktet mit Wärme. Die Botschaft des Stücks – dass man mit dem Herzen Wesentlich­eres erkennen kann als mit den Augen – ist in diesen unseren Instagram-Zeiten aktueller denn je. Ab sechs. (sten) Bis 22. 11.

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Michael Schade in einer Neufassung von „Die Reise des kleinen Prinzen“.

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