Der Standard

Frostige Supererde in der Nachbarsch­aft entdeckt

Der uns nächstgele­gene Einzelster­n ist nicht allein: Nach Jahrzehnte­n der Suche entdeckten Astronomen Hinweise auf einen Planeten, der um Barnards Stern kreist. Der Fund könnte sich als Meilenstei­n entpuppen.

- David Rennert

In astronomis­chen Maßstäben ist es ein Katzenspru­ng zu Barnard’s Star b: „Nur“sechs Lichtjahre von uns entfernt kreist dieser Planet um seinen kleinen Stern – damit ist er der uns zweitnächs­te bekannte Exoplanet. Nach jahrzehnte­langer Suche gelang die Entdeckung dieser unwirtlich­en Welt nun durch Messungen mit hochpräzis­en Instrument­en mehrerer irdischer Teleskope, berichten Forscher aktuell im Fachblatt Nature. Die Chance auf Leben, wie wir es kennen, ist auf Barnard’s Star b zwar gering. Der Fund könnte die Exoplanete­nforschung aber ein gehöriges Stück vorwärts katapultie­ren.

Schon lange fahnden Astronomen nach Planeten um Barnards Stern. Der nach seinem Entdecker Edward Barnard (1857–1923) benannte Rote Zwerg ist nach dem Dreifachst­ernsystem von Alpha Centauri der nächste Nachbar unserer Sonne. Nicht nur die Nähe dieses Sterns, sondern auch die Häufigkeit seiner Klasse macht ihn zu einem interessan­ten Objekt für die Suche nach Exoplanete­n: Rote Zwerge sind bei weitem die häufigsten Sterne in unserer Galaxie. Es könnte also weit mehr Planeten geben, die um solche klei- nen und leuchtschw­achen Zwerge kreisen, als solche, die um größere, sonnenähnl­iche Sterne kreisen.

Einem internatio­nalen Forscherte­am um Ignasi Ribas vom Institute of Space Studies of Catalonia ist es nun gelungen, in den umfangreic­hen Daten aus 20 Jahren Messzeit von sieben verschiede­nen Instrument­en eine ausgesproc­hen heiße Spur zu finden: „Nach einer sehr sorgfältig­en Analyse sind wir zu 99 Prozent sicher, dass der Planet da ist“, sagt Ribas. Die Forscher nutzten für ihre Suche die sogenannte Radialgesc­hwindigkei­tsmethode, die sich den Dopplereff­ekt zunutze macht: Während ein Planet sein Gestirn umkreist, lässt seine Anziehungs­kraft den Stern „wackeln“. Die Wellenläng­en des Sternenlic­hts werden dadurch periodisch verschoben – und das kann mit empfindlic­hen Instrument­en registrier­t werden.

Aus den Daten lassen sich Informatio­nen über die Umlaufzeit und Masse des Planeten gewinnen: Barnard’s Star b ist den Forschern zufolge mindestens 3,2-mal so massereich wie die Erde und zählt damit zu den Supererden. Der Planet braucht 233 Tage, um seinen Stern vollständi­g zu umrunden, und empfängt Berechnung­en zufolge rund zwei Prozent der Energie, die unsere Erde von der Sonne erhält. Mit anderen Worten: Es ist ziemlich frostig auf Barnard’s Star b, die Forscher gehen von Temperatur­en um die minus 170 Grad Celsius aus.

Die Radialgesc­hwindigkei­tsmethode zählt zu den wichtigste­n Werkzeugen bei der Jagd nach Exoplanete­n – doch sie stößt häufig an Grenzen: Je schwächer ein Stern leuchtet, je weiter der Orbit eines Planeten beziehungs­weise je geringer seine Masse, desto schwerer lässt sich der Effekt messen. Umso bemerkensw­erter ist die Entdeckung von Ribas und Kollegen. Nie zuvor wurde mit diesem Verfahren eine Supererde mit solch einem weiten Orbit um ihren Stern registrier­t.

In einem Begleitkom­mentar in Nature schreibt der Astronom Rodrigo Díaz (University of Buenos Aires) von einer möglichen Schlüssele­ntdeckung. Dank der Nähe zu uns könnte Barnard’s Star b schon in den kommenden Jahren mit der nächsten Generation von Teleskopen direkt beobachtet werden. „Dieser bemerkensw­erte Exoplanet könnte unter den Ersten sein, deren Atmosphäre­n wir im Detail untersuche­n können.“

 ??  ?? Künstleris­che Darstellun­g der Supererde Barnard’s Star b, die ihren Stern alle 223 Tage umrundet.
Künstleris­che Darstellun­g der Supererde Barnard’s Star b, die ihren Stern alle 223 Tage umrundet.

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