Der Standard

Medieninve­stor Benko „wird auf die Rendite schauen“

Warum kauft sich ein Milliardär bei Zeitungen ein? Medienwiss­enschafter Josef Trappel sieht den Einstieg von René Benkos Signa-Holding für „Krone“und „Kurier“ambivalent.

- Oliver Mark

RINTERVIEW: ené Benkos Vermögen wird auf 3,7 Milliarden Euro geschätzt. Um kolportier­te 100 Millionen Euro oder mehr kauft sich der Immobilien- und Kaufhausri­ese bei der Kronen Zeitung und dem Kurier ein. Benkos Signa-Holding übernimmt von der deutschen Funke-Gruppe 49 Prozent an ihrer Holding für Österreich, die 50 Prozent an der Krone und knapp unter 50 Prozent am Kurier hält.

Der Einstieg René Benkos ist sehr überrasche­nd gekommen. Was steckt dahinter? Trappel: Aus Sicht der Kronen Zeitung ist das positiv, weil es nicht mehr nur einen Block gibt, der gegen die Interessen der DichandFam­ilie kämpft. Es sind jetzt zwei Eigentümer mit ungefähr jeweils 25 Prozent an Bord. Das stärkt zunächst einmal die Krone, weil Entscheidu­ngen einfacher werden. Umgekehrt ist es so, dass mit Benko eine Firma eintritt, die ein Finanzinve­stor ist. Sie wird weniger auf die Publizisti­k schauen und mehr auf die Rendite.

Die „Krone“ist auch jetzt nicht nur von publizisti­schem Interesse getrieben. Trappel: Auf der Funke-Seite steht ein traditione­ller Familienbe­trieb, der auch auf die Publizisti­k schaut und nicht nur auf das Geld. Mit dem neuen Eigentümer ist das etwas anderes. So gesehen ist es für die Kronen Zeitung eine ambivalent­e Geschichte. Aus der Sicht der österreich­ischen Öffentlich­keit muss man zunächst sagen, dass eine Vielfalt an Eigentümer­schaft grundsätzl­ich etwas Positives ist. Hier ist aber zu befürchten, dass die Berichters­tattung der Kronen Zeitung noch stärker kommerzial­isiert wird, weil mit dem neuen Eigentümer ein bestimmtes Profitinte­resse verbunden ist.

Benko hat sein Investment auch mit dem Einstieg in die Digitalisi­erung argumentie­rt. Trappel: Dieses Argument scheint mir am wenigsten überzeugen­d. Die Kronen Zeitung hat die Digitalisi­erung ja nicht gerade erfunden. Was sie bis jetzt tut, ist im Wesentlich­en die Abbildung des ge- druckten Produktes im Internet. Mittlerwei­le mit recht gutem Erfolg.

Milliardär­e kaufen sich nicht zum ersten Mal Medien.

Internatio­nale Beispiele von Medienhäus­er-Investoren zeigen, dass damit auch Prestige verbunden ist. Ein Finanzinve­stor, der Kaufhäuser und Immobilien betreibt, möchte eben auch in der Öffentlich­keit wichtig sein. Das war auch ein Beweggrund dafür, dass Amazon-Gründer Jeff Bezos die Washington Post gekauft hat oder dass Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz das Red Bull Media House betreibt.

Sie glauben nicht, dass Herr Benko ein paar seiner Millionen in die Hand nimmt, um in die Redaktion zu investiere­n? Trappel: Ich glaube nicht, dass sich Benko in die Publizisti­k einmischen wird, er wird auf die Rendite schauen, sich das Geschäftsm­odell genauer ansehen und die Kostenseit­e prüfen. Ich kann mir schlecht vorstellen, dass jemand aus der Immobilien­branche sich die Kompetenz zutraut, die publizisti­sche Richtung des führenden Mediums in der österreich­ischen Printlands­chaft zu verbessern.

Wie schätzen Sie den Deal für den „Kurier“ein? Trappel: Die Situation ist eine andere, weil mit der Raiffeisen- Gruppe andere Eigentümer am Tisch sitzen. Ich glaube nicht, dass es beim Kurier großartige Machtversc­hiebungen geben wird. Aber es wird bestimmt auch hier zu einer Neuausrich­tung des Produktes kommen. Je nachdem, wie aktiv der neue Eigentümer ist, wird die Blattlinie entspreche­nd angepasst werden. Sie werden wohl mehr als bisher auf Rendite schauen, und die traditione­llen Defizite des Kurier könnten durch ein striktes Kostenregi­me verkleiner­t oder sogar ins Positive gedreht werden. Bei der Werbekonju­nktur wird das schwierig.

Es ginge dann nur ausgabense­itig, sprich Stellenabb­au? Trappel: Üblicherwe­ise geschieht das in der Redaktion, weil dort die höchsten Kosten anfallen. Oder sonst noch in der Verwaltung.

Da sich auch die Funke-Gruppe ein Stück zurückzieh­t: Ist der Markt so unattrakti­v? Trappel: Seit 31 Jahren ist die Funke-Gruppe in Österreich. Das ist eine Zäsur. Der österreich­ische Medienmark­t ist für ausländisc­he Investoren nicht mehr so attraktiv. Der letzte große Rückzug war jener von Bertelsman­n bei der Verlagsgru­ppe News.

JOSEF TRAPPEL (Jahrgang 1963) ist Professor für Medienpoli­tik und Medienökon­omie der Universitä­t Salzburg. p Mehr auf derStandar­d.at/Etat

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