Medieninvestor Benko „wird auf die Rendite schauen“
Warum kauft sich ein Milliardär bei Zeitungen ein? Medienwissenschafter Josef Trappel sieht den Einstieg von René Benkos Signa-Holding für „Krone“und „Kurier“ambivalent.
RINTERVIEW: ené Benkos Vermögen wird auf 3,7 Milliarden Euro geschätzt. Um kolportierte 100 Millionen Euro oder mehr kauft sich der Immobilien- und Kaufhausriese bei der Kronen Zeitung und dem Kurier ein. Benkos Signa-Holding übernimmt von der deutschen Funke-Gruppe 49 Prozent an ihrer Holding für Österreich, die 50 Prozent an der Krone und knapp unter 50 Prozent am Kurier hält.
Der Einstieg René Benkos ist sehr überraschend gekommen. Was steckt dahinter? Trappel: Aus Sicht der Kronen Zeitung ist das positiv, weil es nicht mehr nur einen Block gibt, der gegen die Interessen der DichandFamilie kämpft. Es sind jetzt zwei Eigentümer mit ungefähr jeweils 25 Prozent an Bord. Das stärkt zunächst einmal die Krone, weil Entscheidungen einfacher werden. Umgekehrt ist es so, dass mit Benko eine Firma eintritt, die ein Finanzinvestor ist. Sie wird weniger auf die Publizistik schauen und mehr auf die Rendite.
Die „Krone“ist auch jetzt nicht nur von publizistischem Interesse getrieben. Trappel: Auf der Funke-Seite steht ein traditioneller Familienbetrieb, der auch auf die Publizistik schaut und nicht nur auf das Geld. Mit dem neuen Eigentümer ist das etwas anderes. So gesehen ist es für die Kronen Zeitung eine ambivalente Geschichte. Aus der Sicht der österreichischen Öffentlichkeit muss man zunächst sagen, dass eine Vielfalt an Eigentümerschaft grundsätzlich etwas Positives ist. Hier ist aber zu befürchten, dass die Berichterstattung der Kronen Zeitung noch stärker kommerzialisiert wird, weil mit dem neuen Eigentümer ein bestimmtes Profitinteresse verbunden ist.
Benko hat sein Investment auch mit dem Einstieg in die Digitalisierung argumentiert. Trappel: Dieses Argument scheint mir am wenigsten überzeugend. Die Kronen Zeitung hat die Digitalisierung ja nicht gerade erfunden. Was sie bis jetzt tut, ist im Wesentlichen die Abbildung des ge- druckten Produktes im Internet. Mittlerweile mit recht gutem Erfolg.
Milliardäre kaufen sich nicht zum ersten Mal Medien.
Internationale Beispiele von Medienhäuser-Investoren zeigen, dass damit auch Prestige verbunden ist. Ein Finanzinvestor, der Kaufhäuser und Immobilien betreibt, möchte eben auch in der Öffentlichkeit wichtig sein. Das war auch ein Beweggrund dafür, dass Amazon-Gründer Jeff Bezos die Washington Post gekauft hat oder dass Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz das Red Bull Media House betreibt.
Sie glauben nicht, dass Herr Benko ein paar seiner Millionen in die Hand nimmt, um in die Redaktion zu investieren? Trappel: Ich glaube nicht, dass sich Benko in die Publizistik einmischen wird, er wird auf die Rendite schauen, sich das Geschäftsmodell genauer ansehen und die Kostenseite prüfen. Ich kann mir schlecht vorstellen, dass jemand aus der Immobilienbranche sich die Kompetenz zutraut, die publizistische Richtung des führenden Mediums in der österreichischen Printlandschaft zu verbessern.
Wie schätzen Sie den Deal für den „Kurier“ein? Trappel: Die Situation ist eine andere, weil mit der Raiffeisen- Gruppe andere Eigentümer am Tisch sitzen. Ich glaube nicht, dass es beim Kurier großartige Machtverschiebungen geben wird. Aber es wird bestimmt auch hier zu einer Neuausrichtung des Produktes kommen. Je nachdem, wie aktiv der neue Eigentümer ist, wird die Blattlinie entsprechend angepasst werden. Sie werden wohl mehr als bisher auf Rendite schauen, und die traditionellen Defizite des Kurier könnten durch ein striktes Kostenregime verkleinert oder sogar ins Positive gedreht werden. Bei der Werbekonjunktur wird das schwierig.
Es ginge dann nur ausgabenseitig, sprich Stellenabbau? Trappel: Üblicherweise geschieht das in der Redaktion, weil dort die höchsten Kosten anfallen. Oder sonst noch in der Verwaltung.
Da sich auch die Funke-Gruppe ein Stück zurückzieht: Ist der Markt so unattraktiv? Trappel: Seit 31 Jahren ist die Funke-Gruppe in Österreich. Das ist eine Zäsur. Der österreichische Medienmarkt ist für ausländische Investoren nicht mehr so attraktiv. Der letzte große Rückzug war jener von Bertelsmann bei der Verlagsgruppe News.
JOSEF TRAPPEL (Jahrgang 1963) ist Professor für Medienpolitik und Medienökonomie der Universität Salzburg. p Mehr auf derStandard.at/Etat