Der Standard

Rassismus mit System

- Olivera Stajić

H Qetze und halbgare Entschuldi­gungen: Die perfide und gefährlich­e Kommunikat­ionsstrate­gie der FPÖ verläuft seit Jahren nach dem gleichen Muster. Gezielte Grenzübers­chreitung „Für Ali schaut’s ziemlich düster aus, denn Ali kann nicht mehr die E-Card von Mustafa benutzen!“, kündigte Johann Gudenus (FPÖ) freudig seinen Facebook-Followern an. Das Video, das für den Youtube-Channel FPÖ-TV produziert wurde, ist das letzte in einer langen Reihe von Inhalten, die über Social-MediaKanäl­e der FPÖ verbreitet werden und rassistisc­he und fremdenfei­ndliche Narrative gezielt bedienen.

Vor der Wien-Wahl 2010 verteilte die FPÖ etwa einen Comic, der folgende Zeichnung enthielt: Parteichef HeinzChris­tian Strache mit blauem Ritterwams und einem Schwert in der Hand fordert einen blonden Buben mit Steinschle­uder auf: „Wennst dem Mustafa ane aufbrennst, kriegst a Haße spendiert.“

2012 verbreitet­e Strache auf seiner Facebook-Seite eine altbekannt­e Karikatur: ein dicker Mann vor einem Berg Essen, hofiert von einem unterwürfi­gen Mann – Symbol für Banken, die von Regierunge­n hofiert werden. In Straches Version hatte der Mann eine krumme Nase, seine Manschette­nknöpfe werden von Davidstern­en geziert.

Empörung und Kritik Politische Konkurrent­en, die Zivilgesel­lschaft und Aktivisten machen auf die Grenzübers­chreitung aufmerksam und verlangen Konsequenz­en. In allen drei obengenann­ten Fällen gab es Anzeigen nach § 283/1 des Strafgeset­zbuches (StGB) – Verhetzung. Zu Verurteilu­ngen kam es bisher nicht.

Leugnen Auf berechtigt­e Kritik und Empörung kontert die FPÖ mit der Erklärung, dass „alles nicht so gemeint“war. Im Falle des E-Card-Videos verwies FPÖ-Generalsek­retär Christian Hafenecker auf „ein Kommunikat­ionsproble­m“. Der „Mustafa-Comic“stehe auch nicht allgemein für Türken, sondern beziehe sich auf „Kara Mustafa, der Heerführer der Türken vor Wien war“, sagte 2010 der damalige FPÖGeneral­sekretär Herbert Kickl. Und Strache wies bei der Zeichnung jeden Antisemiti­smusvorwur­f zurück.

Zurückrude­rn oder Gegenangri­ff Das E-Card-Video wurde auf Youtube gelöscht, und Strache erklärte, es mache ihm „keine Freude“. Aber die klischeeha­fte Figur des „Ali“ist älter und tauchte bereits 2016 in einem FPÖ-Video auf, das noch immer online ist. Die Zeichnung auf Facebook tauschte Strache bald gegen eine ohne Davidstern­e aus und empörte sich: Der Antisemiti­smusvorwur­f gegen ihn sei perfide. „Die linke Jagdgesell­schaft hat wieder zugeschlag­en“, lautet bei Kritik die FPÖ-Botschaft an die eigenen Wähler.

Der jüngste „Ausrutsche­r“zeigt, dass die FPÖ auch als Regierungs­partei extremisti­sche Positionen vertritt. Unverhohle­n wird an niedere Instinkte appelliert, werden Hass, Neid und Schadenfre­ude geschürt. Vermeintli­ch „Andere“werden ausgegrenz­t und zum Sündenbock gestempelt. „Nicht akzeptabel“ist nicht nur das Video, wie ÖVP-Chef Sebastian Kurz sagt, sondern auch sein Koalitions­partner.

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