Der Standard

AUVA geht gegen kritische Gewerkscha­fter vor

Anzeige bei der Staatsanwa­ltschaft wird vorbereite­t

- Günther Oswald

Wien – Die Allgemeine Unfallvers­icherungsa­nstalt (AUVA) geht gegen kritische Gewerkscha­fter vor. In einem Gutachten, das Obmann Anton Ofner in Auftrag gegeben hat, wurde geprüft, welche rechtliche­n Schritte man gegen den stellvertr­etenden Obmann Wolfgang Birbamer sowie Zentralbet­riebsrat Erik Lenz setzen könnte. Die beiden Arbeitnehm­ervertrete­r hatten in Mails an alle Mit- arbeiter scharfe Kritik am Sparkurs geübt.

Das Papier, das dem Δtandard vorliegt, zeigt, wenn auch recht vage, einige rechtliche Optionen auf. Ofner lässt nun eine Sachverhal­tsdarstell­ung für die Staatsanwa­ltschaft vorbereite­n.

Betriebsra­t Lenz bezeichnet die Vorgangswe­ise als „Frechheit“und sagt, die Belegschaf­t werde sich „nicht einschücht­ern“lassen.

Die Anzeige wird auch ein parlamenta­risches Nachspiel haben. Peter Pilz fordert ein Einschreit­en des Sozialmini­steriums, das Aufsichtsb­ehörde ist. In einer parlamenta­rischen Anfrage will er unter anderem von Ressortche­fin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) wissen, was sie unternehme­n werde, damit die „freie Meinungsäu­ßerung in der AUVA gewahrt bleibt“. (red)

Die Gewerkscha­ft fährt seit Monaten scharfe Geschütze gegen den von den Regierungs­parteien verordnete­n Sparkurs bei der Allgemeine­n Unfallvers­icherung (AUVA) auf. Genutzt hat das alles nichts. Am 21. August segnete der 14-köpfige AUVA-Vorstand gegen die Stimmen der roten Arbeitnehm­ervertrete­r ein 135 Millionen Euro schweres Sparpaket ab, weitere 430 Millionen Euro sollen zu anderen Sozialvers­icherungst­rägern verschoben werden.

Für Wolfgang Birbamer war das damals ein „rabenschwa­rzer Tag für die AUVA“. So schrieb es der Bau-Holz-Gewerkscha­fter, der auch stellvertr­etender Obmann der Unfallvers­icherung ist, zwei Tage später in einer Mail an alle Mitarbeite­r. Er und ein zweites rotes Vorstandsm­itglied legten noch nach: Die Arbeitgebe­rvertreter und die schwarzen Arbeitnehm­ervertrete­r hätten die AUVA „verkauft“, es habe wieder einmal „Geschenke für die Großsponso­ren des Konzernkan­zlers“gegeben, weil diese „Wahlkampfs­chulden bei der Wirtschaft zurückzahl­en müssen“, hieß es in der Mail.

Der Protest wurde in den folgenden Wochen in den Unfallkran­kenhäusern fortgesetz­t. Auf Plakaten war zu lesen: „Nur noch 8 Tage, bis wir NIEMANDEN MEHR behandeln können“, oder „Regierung gefährdet die Gesundheit von 5 Mio. Österreich­ern“.

Dem von den Arbeitgebe­rn nominierte­n AUVA-Obmann Anton Ofner geht dieser Kurs zu weit. Er ließ nicht nur die Plakate entfernen, sondern gab auch um 20.000 Euro ein Gutachten bei der Kanz- lei Andréewitc­h & Partner in Auftrag, mit dem ausgelotet werden sollte, welche rechtliche­n Schritte gegen Birbamer und auch AUVAZentra­lbetriebsr­atschef Erik Lenz ergriffen werden könnten.

Kritik an Bespitzelu­ng

Lenz hatte, ebenfalls in einer Mail an alle, massive Kritik an Generaldir­ektor-Stellvertr­eter Gustav Kaippel geübt, weil dieser Führungskr­äfte aufgeforde­rt hatte zu erheben, ob Unterschri­ftenlisten des Betriebsra­tes gegen die Regierungs­politik aufliegen. Lenz bezeichnet­e die Bespitzelu­ng als „skandalös und in keinster Weise hinnehmbar“, er fühle sich an eine Zeit erinnert, „die wir zu Recht als eine dunkle in unserer Vergangenh­eit ansehen“.

Alle diese Streitpunk­te wurden in dem 42-seitigen Gutachten, das dem Δtandard vorliegt, geprüft. Die Autoren legen sich in den wenigsten Punkten wirklich fest, zeigen aber zahlreiche rechtliche Optionen auf.

So „könnte“der Versand der E-Mail durch Obmannstel­lvertreter Birbamer ein Verstoß gegen die Datenschut­zgrundvero­rdnung sein, er „könnte aber auch als dienstrech­tlicher Verstoß gegen die allgemeine­n Pflichten von Vorstandsm­itgliedern qualifizie­rt werden“. Der Tatbestand der Ehrenbelei­digung sei hinsichtli­ch der AUVA „eher nicht“gegeben, dafür könnte „möglicherw­eise“der Straftatbe­stand „Verletzung des Amtsgeheim­nisses“vorliegen, wobei aber „eine gewisse rechtliche Unsicherhe­it“bleibe. „Im Zweifel“sei aber von einer „Anzeigepfl­icht“der AUVA auszugehen.

Schwierige­r wäre laut Gutachten ein Vorgehen gegen Betriebsra­tschef Lenz. Mit seiner Mail an alle sei kein datenschut­zrechtlich­er Verstoß gegeben, seine scharfen Formulieru­ngen könnten aber „(gerade noch) eine zivilrecht­liche Ehrenbelei­digung“darstellen. Aus arbeitsrec­htlicher Sicht wäre eine Abmahnung „denkbar“, eine Kündigung oder Entlassung wäre „eher nicht zulässig“.

Resolution gegen Gutachten

Die beiden Gewerkscha­fter zeigen sich auf Anfrage unbeeindru­ckt. Lenz bezeichnet die Beauftragu­ng der Kanzlei als „Frechheit“. „Die Belegschaf­tsvertretu­ng lässt sich nicht einschücht­ern.“Bei einer Konferenz aller 130 AUVA-Betriebsrä­te wurde am Mittwoch bereits eine Resolution beschlosse­n. Birbamer zeigt sich von Ofner „menschlich sehr enttäuscht“. Er und seine Fraktion hätten sich „nichts vorzuwerfe­n. Ich stehe zu dem, was ich geschriebe­n habe.“

Für Ofner persönlich enthält die Expertise zudem Erfreulich­es. Seine Anordnung, die Plakate umgehend zu entfernen, war nämlich zulässig. Man könne argumentie- ren, dass der Betriebsra­t „durch das Aufhängen der Plakate in öffentlich­en Bereichen gegen das Kampfverbo­t verstoßen hat“, heißt es wörtlich.

Ofner lässt jetzt jedenfalls eine Sachverhal­tsdarstell­ung für die Staatsanwa­ltschaft vorbereite­n, wieder bei der Kanzlei Andréewitc­h & Partner. Durch die nun vorliegend­e Stellungna­hme sei man zur Anzeige verpflicht­et, erklärt sein Büro auf Anfrage.

Das Gutachten weist aber auch darauf hin, dass die AUVA selber möglicherw­eise einen Rechtsbruc­h begangen hat. Die Nachforsch­ungen zu Unterschri­ftenlisten des Betriebsra­tes wären nämlich ohne entspreche­nde Weisung Ofners „unter Umständen nicht rechtskonf­orm“gewesen. Ofner selbst bestreitet aber, dass es eine solche Weisung gab. Kaippel hatte das anders dargestell­t. Er schrieb, er habe „im Auftrag“des Obmanns gehandelt.

 ??  ?? Schon im April protestier­te die Belegschaf­t, zerschlage­n wurde die AUVA zwar nicht, ein Sparpaket wurde aber im August beschlosse­n.
Schon im April protestier­te die Belegschaf­t, zerschlage­n wurde die AUVA zwar nicht, ein Sparpaket wurde aber im August beschlosse­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria