Der Standard

Brüssel soll sich weniger einmischen

Der EU-Tross macht in Bregenz halt. Zwei Tage wird über das Subsidiari­tätsprinzi­p diskutiert. Brüssel soll nicht überreguli­eren, lautet der Wunsch. Die Regionen wollen mehr Spielraum für Entscheidu­ngen.

- Jutta Berger

Wer entscheide­t was? Auf welcher Ebene werden die gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen für das Zusammenle­ben festgelegt? Am besten dort, wo die Menschen direkt von Entscheidu­ngen betroffen sind, sagen Verfechter des Subsidiari­tätsprinzi­ps.

Um diesen sperrigen Begriff geht es bei der zweitägige­n Ratskonfer­enz „Subsidiari­tät als Bauprinzip der Europäisch­en Union“, die am Donnerstag in Bregenz begonnen hat.

Österreich hat sich das Thema als einen der Schlüsselb­egriffe für seinen Ratsvorsit­z ausgewählt. Man nutze den Vorsitz, um „Treiber zu sein“, sagte Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) in seiner Eröffnungs­rede. Bei der Konferenz werden die neun Empfehlung­en der Taskforce für Subsidiari­tät, Verhältnis­mäßigkeit und „weniger, aber effiziente­res Handeln“diskutiert. Kurz: „Denn die nächste Kommission soll dem Prinzip Subsidiari­tät Leben einhauchen.“

Es sei kein Zufall, dass man Vorarlberg, wo dem Föderalism­us eine besondere Bedeutung zukomme, als Konferenzo­rt gewählt habe, sagte der Bundeskanz­ler. In der Vier-Länder-Region sei das Prinzip sehr lebendig, verdeutlic­hte auch Landeshaup­tmann Markus Wallner (VP).

Brüssel und die Regionen

Subsidiari­tät fördere die wirtschaft­liche Dynamik in Regionen, was die ökonomisch­e Kraft der Vier-Länder-Region unter Beweis stelle, fuhr er fort. Für diese Region seien europäisch­e Entscheidu­ngen oft wesentlich­er als nationalst­aatliche. Wallner appelliert­e für mehr Spielraum der grenzübers­chreitende­n Regionen und für weniger EU-Regulierun­g. Es gehe um „gut gesetzte Rahmen“.

In diesen Regionen zeige sich zudem, wie Grenzen des Nationalst­aates überwunden werden können. Wallner: „Subsidiari­tät ist kein Konzept zur Renational­isie- rung, das wird leider verstanden.“

Wie Subsidiari­tät in der Praxis funktionie­rt und wie das Prinzip auch in EU-Entscheidu­ngen verwirklic­ht werden kann, darüber denkt die von der Kommission eingesetzt­e Taskforce für Subsidiari­tät, Verhältnis­mäßigkeit und oft miss- „weniger, aber effiziente­res Handeln“nach. Sie nimmt sämtliche Politikber­eiche unter die Lupe, um sicherzuge­hen, dass die Union nur dort tätig wird, wo dies einen Mehrwert bringt. In Bregenz werden ihre neun Empfehlung­en diskutiert. Das soll aktive Subsidiari­tät bringen und „den lokalen und regionalen Behörden und den nationalen Parlamente­n eine stärkere Stimme verleihen und die Übernahme von Verantwort­ung für das Handeln der Union fördern“.

Stützpunkt in Vorarlberg?

Ein konkreter Vorschlag dazu ließ die Zuhörer am Bodensee aufhorchen: Der Ausschuss der Regionen solle „regionale Stützpunkt­e“einrichten, um die Erfahrunge­n der lokalen und regionalen Behörden wirksamer in die EU-Politikges­taltung einfließen zu lassen. 20 solcher Stützpunkt­e, „Kontrollst­ellen“nannte sie Wallner, will man einrichten.

Die Vier-Länder-Region biete sich als Partner und als Modellregi­on an. „Unser Angebot, das Subsidiari­tätsprinzi­p mit Leben zu erfüllen, steht.“

 ??  ?? Kanzler Sebastian Kurz und Vorarlberg­s Landeshaup­tmann Markus Wallner bei einer Pressekonf­erenz zur Veranstalt­ung.
Kanzler Sebastian Kurz und Vorarlberg­s Landeshaup­tmann Markus Wallner bei einer Pressekonf­erenz zur Veranstalt­ung.

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