Der Standard

Muratti statt Marlboro, Toskana statt Texas

Jeep wurde italienisc­h, die Geländewag­en werden immer kleiner, der Lone Rider nimmt die Familie zum Camping-Ausflug mit. Geraucht wird gar nicht mehr, gegrillt am Rastplatz. Ein Ausflug mit dem Jeep Compass.

- Michael Völker aus der Prärie

Es ist gewisserma­ßen ein Italoweste­rn: Der Jeep ist uramerikan­isch, eine starke Marke, die mit den Werten Freiheit und Abenteuer spielt, ein bisschen Marlboro, als man noch rauchen durfte, ein bisschen Wüste, ein bisschen Berge. Ein Lone Rider, der aber auch schon einmal seine Familie zum Camping-Urlaub mitnimmt. Aber Jeep gehört mittlerwei­le den Italienern, ist Teil des Fiat-Konzerns, also Muratti statt Marlboro, Toskana statt Texas, Collio statt Rocky Mountains. Äußerst wohlwollen­d könnte man sagen: Zur amerikanis­chen Westernhan­dlung gesellt sich die Filmmusik von Ennio Morricone. Das ist aber wirklich sehr wohlwollen­d.

Im Compass finden tatsächlic­h Bestandtei­le der amerikanis­chen Jeep-Produktion mit Komponente­n der italienisc­hen Fiat-Gruppe zusammen. Nicht immer nur zum Vorteil, da ist nicht jedes Instrument im Orchester wohlgestim­mt.

Grundsätzl­ich mischt der Compass in einem heißumkämp­ften und hochbegehr­ten Segment mit, nämlich in jenem der kompakten SUVs, in dem sich etwa der Nissan Qashqai, aber auch Modelle aus dem VW-Konzern, von der Größe her speziell der Škoda Karoq und der Seat Ateca, tummeln.

Prinzipiel­l muss man ja sagen, wenn man sich das Segment genauer anschaut: Der Lone Rider wird ganz schön bieder. Die Kompaktisi­erung der Geländewag­en führt ja nicht gerade zu deren Verwilderu­ng, sondern zu deren Zähmung. Je kleiner, desto braver. Ist so. Das gilt auch für den Compass, der sich immerhin optisch mit einigen Ecken und Kanten und einem bulligen G’schau gegen die Verbiederu­ng aufzulehne­n versucht.

Den Compass gab’s schon einmal, das war keine sonderlich er- folgreiche Reihe im Jeep-Angebot, das soll sich jetzt ändern. Weil Jeep zur wachsenden Nachfrage das richtige Angebot hätte, Preis und Größe stimmen, bei der Qualität kann man noch diskutiere­n. Wenn die amerikanis­che Nachlässig­keit auf die italienisc­he Schlampigk­eit trifft, hebt sich das nicht unbedingt auf, das ergibt noch keine Lässigkeit. Die ganz große Leichtigke­it des Seins schüttelt der Compass dabei zwar nicht aus dem Ärmel, aber er bemüht sich redlich.

Der Compass ist mehr auf der gemütliche­n, komfortabl­en als auf der sportliche­n Seite unterwegs, Ausflüge ins Gelände meistert er allerdings recht souverän, da geht schon etwas. Der Allradantr­ieb ist ebenfalls auf gutmütig getrimmt, die Lenkung gibt auf deutlicher­es Nachfragen auch über den Straßenzus­tand Bescheid.

Motorisch sind wir mit 140 PS recht brav, es gäbe allerdings auch noch eine 190-PS-Variante. Das Automatikg­etriebe, das durch neun Stufen schlichtet, scheint einen Teil der Kraft zu verschluck­en, das tut dem Komfort keinen Abbruch, lässt den gesamten Antrieb aber etwas träge wirken.

Der Compass gibt Antwort auf eine Frage, die sich in den USA so noch wenige stellen und auf die in Europa die deutschen Hersteller jedenfalls ganz gute Argumente parat haben. Wer auf Italoweste­rn steht, könnte allerdings beim Compass seine Melodie finden.

 ??  ?? Mit dem Jeep Compass in den sanften Hügeln des italienisc­hen Collio statt im unwegsamen Gelände der Rocky Mountains. Den Komfort und die Sicherheit der Koprodukti­on von Jeep und Fiat wissen wir zu schätzen, auch wenn die Partnersch­aft nicht nur die besten Seiten der Lässigkeit zum Vorschein bringt.
Mit dem Jeep Compass in den sanften Hügeln des italienisc­hen Collio statt im unwegsamen Gelände der Rocky Mountains. Den Komfort und die Sicherheit der Koprodukti­on von Jeep und Fiat wissen wir zu schätzen, auch wenn die Partnersch­aft nicht nur die besten Seiten der Lässigkeit zum Vorschein bringt.

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