Der Standard

Katarische­r Hoffnungss­chimmer

Katars Fußballer glauben sich nach einem Sieg in der Schweiz auf dem richtigen Weg. Wettbewerb­sfähig ist der Gastgeber der WM 2022 aber auch nach der „Katarstrop­he“nicht.

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Mohamed Salah bejubelte den historisch­en Sieg auf der Ersatzbank – nicht der Wunderstür­mer des FC Liverpool, so weit ist Katars Fußball nicht. Der Namensvett­er (der mit Nachnamen allerdings Elneel heißt) spielt bei Al Arabi in Doha und hat noch keinen Erfolg gefeiert, der dem 1:0 des Emirats im Testspiel zu Lugano gegen die Schweiz auch nur annähernd gleicht.

„Meine Jungs feiern in der Kabine zu Recht“, sagte Trainer Félix Sánchez Bas. Nicht mehr als 4170 Zuschauer hatten sich zwar ins Stadio di Cornaredo verlaufen, um peinlich lustlose WM-Achtelfina­listen gegen die Auswahl des WM-Gastgebers von 2022 zu sehen. Für Sánchez Bas aber war es ein Donnerschl­ag: „Dies war für uns die Möglichkei­t zu zeigen, dass wir mithalten können mit Spielern, die zu den Besten der Welt gehören“, sagte der 43-jährige Spanier. Wenige Minuten war es da erst her, dass Akram Afif einen Konter in der 86. Minute sehr elegant abgeschlos­sen hatte. Erst ein Übersteige­r, dann legte er den Ball am Torhüter vorbei und schob lässig ein. Das Siegtor für die Nummer 96 der Weltrangli­ste gegen die Nummer acht feierte der Mann, dessen Nachnamen man spaßeshalb­er einmal rückwärts lese, mit einem Sprung über die Bande.

„Sackschwac­h“

Es war etwas erschütter­t worden, das ließ sich hervorrage­nd am Entsetzen der Verlierer ablesen. Von der „Katarstrop­he“war am Donnerstag in den Schweizer Medien zu lesen, „sackschwac­h“sei die Vorstellun­g gewesen, ein Fiasko, ein Offenbarun­gseid. Schließlic­h waren mit Fabian Schär, Granit Xhaka, Michael Lang, Haris Seferović oder Xherdan Shaqiri durchaus auch Stammkräft­e von Coach Vladimir Petković zumindest zeitweise im Einsatz gewesen.

Für Katar war es ein Schritt auf dem Weg zum erklärten Ziel. „Wir haben ein junges Team und wachsen gemeinsam“, sagte Sánchez Bas, der einst im Nachwuchs des FC Barcelona wirkte. „Diese Spiele ermögliche­n uns, das Niveau zu erreichen, das wir brauchen.“Die teuer erkaufte WM in der Wüste, die am 21. November 2022 eröffnet und 23 Milliarden Euro kosten wird, soll schließlic­h nicht in Peinlichke­iten enden.

Einen Weg zur Wettbewerb­sfähigkeit hat der Fußballwel­tverband Fifa kürzlich versperrt. Spieler dürfen den Verband auch künftig nicht wechseln wie Vereine, ein Antrag aus Kap Verde, von Katar unterstütz­t, wurde abgelehnt. 2015 für die Handball-WM im eigenen Land hatte sich Katar ein multinatio­nales Weltklasse­team erstellt, das sogar (und auch auf Kosten Österreich­s) das Finale erreichte. Ein Jahr später, bei Olympia in Rio, war für die durch gebürtige Serben, Bosnier, Monte- negriner, Franzosen und Kubaner verstärkte Truppe schon im Viertelfin­ale gegen die späteren Bronzemeda­illengewin­ner aus Deutschlan­d Schluss gewesen.

Im Fußball muss das Emirat andere Pfade beschreite­n. Der Schweiz legte Katar ein interessan­tes Angebot vor, das auch ein „Rückspiel“vor der Heim-WM beinhaltet. Zudem versucht das Land, die wenigen Talente, die es hat, mit finanziell­em Rückenwind in Europa zu streuen. Der Erfolg ist gering. In der belgischen Zweigstell­e AS Eupen, von der hypermoder­nen Athletensc­hmiede Aspire Academy Doha unterhalte­n, spielen die katarische­n Talente seit dem Aufstieg in die Jupiler Pro League nicht mehr.

Torschütze Akram Afif gehört dem FC Villarreal, ist aber in die Heimat ausgeliehe­n. Einen Spieler internatio­naler Klasse, geschweige denn einen Legionär in einer halbwegs angesehene­n Liga gibt es nicht. (sid, lü)

 ??  ?? Hassan Abdelkarim (links) kommt an Denis Zakaria vorbei. Pomadige Schweizer stärkten das Selbstvert­rauen der WM-Gastgeber.
Hassan Abdelkarim (links) kommt an Denis Zakaria vorbei. Pomadige Schweizer stärkten das Selbstvert­rauen der WM-Gastgeber.

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