Der Standard

Stimmung gekippt

Die Arbeitnehm­er sehen den Zwölfstund­entag laut einer neuen Umfrage im Unterschie­d zu früheren Untersuchu­ngen nun negativ. Das sei eine Folge der „irreführen­den Kampagne“der Arbeitnehm­ervertrete­r, wettert der Generalsek­retär der Wirtschaft­skammer, Karlhei

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Missbrauch­sfälle rund um das neue Arbeitszei­tgesetz häufen sich und bleiben nicht ohne Folgen. Obwohl es derzeit keine Anzeichen dafür gibt, dass die Österreich­er flächendec­kend länger arbeiten müssen – der Trend geht eher in Richtung Arbeitszei­tverkürzun­g –, drücken die öffentlich­en Auseinande­rsetzungen und Medienberi­chte über schwarze Schafe auf die Stimmung. Der Zwölfstund­entag wird in einer neuen Umfrage von den Beschäftig­ten viel negativer gesehen als vor einem Jahr.

„Viele Menschen finden wegen der Diskussion­en, dass es gefährlich ist, was auf uns zukommt“, sagt David Pfarrhofer vom MarketInst­itut, der eine Befragung von 1000 Arbeitnehm­ern im Auftrag der Wirtschaft­skammer durchgefüh­rt hat. Insgesamt ist die Stimmung sogar gekippt: Beurteilte­n im Jahr 2017 noch 58 Prozent den Zwölfstund­entag positiv, so waren es im Oktober 2018 nur noch 39 Prozent, geht aus der Umfrage hervor.

Das steht im starken Kontrast zu der tatsächlic­hen Situation in den Betrieben, die laut Auftragswe­rk nahezu unveränder­t ist. Soll heißen: Die Österreich­er sind überwiegen­d ganz zufrieden mit der Arbeitszei­t, lediglich vier Prozent der Befragten gaben an, dass sich ihre Büro- oder Produktion­srhythmen verändert haben, zwei Prozent sehen Eingriffe bei der Überstunde­nvergütung. Bei einer Schwankung­sbreite von gut drei Prozent sind diese Entwicklun­gen vernachläs­sigbar, wie Pfarrhofer erklärte.

Allerdings zeigt eine ebenfalls von ihm durchgefüh­rte Befragung unter Unternehme­rn, dass Änderungen noch kommen dürften. Während erst drei Prozent bisher Adaptionen bei Einzel- oder Betriebsve­reinbarung­en vorgenomme­n haben, planen sieben Prozent entspreche­nde Umstellung­en. Mit 87 Prozent gibt freilich eine satte Mehrheit der Arbeitgebe­r an, keine Änderungen bei den Arbeitszei­tmodalität­en vornehmen zu wollen.

Für Wirtschaft­skammer-Generalsek­retär Karlheinz Kopf ist die verschlech­terte Stimmung bei den Arbeitnehm­ern bezüglich des Zwölfstund­entags ein Indiz dafür, dass „die Propaganda der Arbeitnehm­erseite wirkt“. Einzelfäll­e würden skandalisi­ert, dabei habe sich an der betrieblic­hen Praxis nichts geändert. Kopf stellte klar, dass er Missbrauch nicht toleriere und zu ahnden sei. „Aber man muss die Kirche im Dorf lassen. Einigen Einzelfäll­en stehen 3,8 Millionen Arbeitsver­hältnisse gegenüber, bei denen alles korrekt ist“, sagte der frühere ÖVP-Politiker.

„Höchst problemati­sch“

Dabei verwies er auch auf die rückläufig­en Übertretun­gen des Arbeitszei­tgesetzes, die zuletzt trotz erhöhter Kontrollen festgestel­lt wurden (siehe unten stehende Grafik). Kopf appelliert­e an die Gewerkscha­ft, die „irreführen­de Kampagnisi­erung zu beenden“, um dann gleich eine Attacke wegen der aktuellen Lohnkonfli­kte zu reiten. Die Gewerkscha­ften tragen seiner Ansicht nach den politische­n Kampf in die Tarifrunde. „Das hat dort nichts verloren. Für die Sozialpart­nerschaft ist das höchst problemati­sch und sehr, sehr bedauerlic­h“, kritisiert­e der Kammer-General.

Kopf begründet den Vorwurf mit den hohen Lohnforder­ungen. Rechne man zur angestrebt­en Anpassung um fünf Prozent die von den Arbeitnehm­ern auf den Tisch gelegten anderweiti­gen Verbesseru­ngen – beispielsw­eise höhere Überstunde­nzuschläge und Kündigungs­schutz – hinzu, komme man auf einen Lohnkosten­anstieg von 20 Prozent. Die Kosten eines Streiktage­s könnten die Marke von 100 Millionen Euro überschrei­ten, warnte Kopf. (as)

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Von Feierlaune ist derzeit nicht allzu viel in der Gastronomi­e zu spüren – zumindest aus Sicht jener Beschäftig­ten, denen längere Arbeitszei­ten ohne Ausgleich aufgebrumm­t werden.

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