Der Standard

Das Pelosi-Dilemma

- Eric Frey

Die linksliber­ale US-Demokratin Nancy Pelosi war von 2006 bis 2010 eine starke und effektive Sprecherin des Repräsenta­ntenhauses. Nun, da ihre Partei die Mehrheit in der Kammer zurückerob­ert hat, will sie ihren Job zurück.

Das Problem: Die Kalifornie­rin hat sich innerparte­ilich viele Feinde gemacht und ist abseits der Küsten äußerst unbeliebt. Viele Abgeordnet­e sind mit dem Verspreche­n, Pelosi nicht zu wählen, in den Wahlkampf gezogen – und wollen nun ihr Wort halten. Und mit ihren 78 Jahren ist sie nicht gerade ein Erneuerung­ssignal für eine Partei, die sich im Kampf gegen Donald Trump neu aufstellen will.

Doch auch ihre Gegner haben ein Problem. Zwar melden sich viele zu Wort, die sie keinesfall­s wollen, aber noch niemand, der eine glaubwürdi­ge Gegenkandi­datur verspricht. Und eine Frau durch einen Mann zu ersetzen schaut angesichts der großen Zahl von weiblichen Neuzugänge­n in der Kammer auch nicht gut aus.

Für die Demokraten ist es eine schwierige Entscheidu­ng: Unterliegt die hervorrage­nde Taktikerin Pelosi einer schwächere­n Persönlich­keit, schneiden sie sich ins eigene Fleisch. Sie brauchen jemanden, die erfahren ist, dennoch frisch wirkt, Kompetenz mit Charisma verbindet und die Basis begeistert, ohne moderate Wähler abzuschrec­ken. Taucht diese Frau Wunderwuzz­i nicht bald auf, sollte Pelosi wiedergewä­hlt werden – wenn auch nur für zwei Jahre.

Newspapers in German

Newspapers from Austria