Der Standard

Orbáns Diplomaten begleitete­n Gruevski nach Ungarn

Verurteilt­er Ex-Regierungs­chef Mazedonien­s nutzte Botschafts­autos auf seiner Flucht

- Gregor Mayer

Neue Details über die Flucht des in seiner Heimat verurteilt­en mazedonisc­hen Ex-Regierungs­chefs Nikola Gruevski bringen die Regierung in Budapest in Erklärungs­nöte. Der Politiker genoss über weite Strecken seiner Odyssee über Albanien, Montenegro und Serbien nach Ungarn den Schutz und die Hilfe hochrangig­er ungarische­r Diplomaten, wie am Freitag aus den Darstellun­gen albanische­r und montenegri­nischer Polizeiste­llen hervorging.

Demnach hatte sich Gruevski Ende letzter Woche über die „grü- ne“Grenze nach Albanien abgesetzt, kurz bevor er eine zweijährig­e Haftstrafe wegen Korruption hätte antreten sollen. In Tirana nahm ihn der ungarische Konsul in Empfang, um ihn in einem Fahrzeug der Botschaft ins benachbart­e Montenegro zu chauffiere­n. Dort „übernahmen“ihn der dortige ungarische Gesandte und sein Konsul, um ihn – erneut in einem Botschafts­auto – nach Serbien zu fahren. Unklar ist nur noch, wie Gruevski die Grenze zu Ungarn passieren konnte. Bereits im Vorjahr wurde ihm sein Reisepass abgenommen. Für die Fahrt bis Serbien reichte sein Personalau­sweis. Legal hätte er damit aber nicht ins EU-Land Ungarn einreisen können.

In Budapest ist jedem klar, dass die Aktion nur auf Anordnung von Viktor Orbán durchgefüh­rt werden konnte. Den Regierungs­chef verbindet eine lange Freundscha­ft mit Gruevski. Unter wachsender internatio­naler Kritik wegen der Beherbergu­ng eines nun internatio­nal gesuchten Kriminelle­n gab Orbáns Büro am Freitag ein wenig überzeugen­des Kommuniqué heraus. „Im Gegensatz zu den Annahmen und falschen Nachrichte­n, die in der Presse veröffentl­icht wurden, haben weder der ungarische Staat noch die ungarische­n Behörden Nikola Gruevski dabei geholfen, Mazedonien zu verlassen.“

Dies geht am Kern der Sache vorbei. Denn nun lässt sich nicht mehr bestreiten, dass Gruevski die Reise unter dem Schutz ungarische­r Diplomaten absolviert hat. Für die westlichen Bündnispar­tner Budapests ist das inakzeptab­el. Freuen dürfte sich hingegen der russische Präsident Wladimir Putin. Gruevski hatte sich während seiner Amtszeit ähnlich wie Orbán zunehmend an Moskau angelehnt. „Vor den Augen der Welt muss sich Viktor Orbán zwischen dem Kreml und der Nato entscheide­n“, schrieb das Portal 444.hu.

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