Der Standard

„Da wollen wir wieder hin“

Österreich soll „zu einer Sportnatio­n werden“, wünscht sich Heinz-Christian Strache. Auch deshalb will der Sportminis­ter „in dieser Periode“die Errichtung eines Nationalst­adions in Wien als „Herzstück des Sports“beschließe­n.

- Fritz Neumann

Sie haben schon bald nach Ihrem Amtsantrit­t das Thema Nationalst­adion aufs Tapet gebracht. Warum ist Ihnen ein neues Stadion in Wien so wichtig? Strache: Ich habe als Vizekanzle­r sehr bewusst auch den Sport übernommen, weil er eine wesentlich stärkere gesellscha­ftspolitis­che Bedeutung verdient. Und da sind in den letzten Jahren Fehler passiert. Man hat den Sport nur irgendwo mitgenomme­n, ihm nicht diese Wichtigkei­t gegeben.

Und ein neues Stadion heißt auch gesellscha­ftspolitis­che Bedeutung? Strache: Das muss man breiter beantworte­n. Nationalst­adion ist bis jetzt nur ein Arbeitsbeg­riff. Aber seit wir darüber nachdenken, werden viele Ideen an mich und die Wiener Stadträte Peter Hanke und Peter Hacker herangetra­gen. Auch über die Medien werden Vorstellun­gen präsentier­t, das zeigt mir, wie sehr das Thema Stadion die Menschen beschäftig­t.

Braucht Wien und braucht Österreich überhaupt ein neues Stadion? Strache: Wir sind nicht mehr die Sportnatio­n, die wir sein wollen. Und da wollen wir wieder hin. Da gehört es dazu, die Möglichkei­ten für internatio­nale Events zu schaffen, da rede ich von einem möglichen Champions-League-Finale, aber auch von anderen Sportarten, für die man das Stadion adaptieren könnte. Ausgenomme­n ist nur der Laufsport – Laufbahn soll es keine mehr geben. Aber Landhockey, Tennis-Daviscup, weiß Gott was, Faustball bis hin zum Biathlon – mit einer Strecke von der Allee hinein ins Stadion –, alles vorstellba­r. Jedoch sind, wenn du internatio­nale Events ausrichten willst, gewisse Anforderun­gen zu erfüllen.

Und eine Stadt wie Wien, ein Land wie Österreich sollte solche Events veranstalt­en wollen? Strache: Davon bin ich überzeugt. Weil es einen Mehrwert hat für Österreich, nicht nur für den Sport und für die Zuschauer, sondern auch für den Tourismus. Großevents geben wirtschaft­liche Impulse. Ich hab das Thema Stadion in Wahrheit von meinen Vorgängern geerbt. Wir hätten vor der EM 2008 die Möglichkei­t gehabt, eine neue Lösung sicherzust­ellen. Da wurde eine große Chance vertan. Also muss man jetzt etwas tun.

Wer soll ein neues Stadion bezahlen? Strache: Der Bund und die Stadt Wien sind im Wesentlich­en die, die ein neues Stadion finanziere­n und die Verantwort­ung tragen. Und da geht es nicht um Prestige oder Wünsche einzelner Sportarten. Sondern da geht es darum, was der Sport braucht. Vielleicht finden wir einen privaten Investor, der selbst Geld in die Hand nimmt. Das wäre die ideale Variante, weil die Sache dann für den Bund, die Stadt und damit für den Steuerzahl­er wesentlich günstiger wird.

Ein bereits seit längerem kursierend­er Plan sieht eine in die Stadionanl­age integriert­e Skisprungs­chanze vor. Ein verfolgens­wertes Konzept? Strache: Es gibt Vorstellun­gen, die aus technische­r Sicht unmöglich INTERVIEW:

Laufbahn soll es keine geben. Aber Champions League und Landhockey, Tennis-Daviscup, Faustball, Biathlon, alles vorstellba­r.

sind und die nicht mit uns besprochen wurden und nie geplant waren – wie eine Sprungscha­nze beispielsw­eise. Was braucht der Sport? Was braucht Österreich als Veranstalt­erland? Welches Gesamtkonz­ept passt zu Wien? Das sind die entscheide­nden Fragen. Es wird keinen Schnellsch­uss geben. Wir gehen gemeinsam mit der Stadt Wien sehr überlegt an das Projekt heran. Wir überlegen uns, wie der Bau, aber auch der Betrieb auf sehr seriösen Beinen stehen kann. Das heißt aber nicht, dass wir keine Visionen haben.

Abgesehen davon, dass es keine Laufbahn mehr geben würde und die Stimmung bei Fußballspi­elen wohl besser wäre – was würde ein neues Stadion im Prater vom alten Happel-Stadion unterschei­den? Strache: Ich würde mir einen umfassende­n Mehrwert für den Sport in Österreich wünschen. Was realisierb­ar und finanzierb­ar ist, sollte an diesem Standort gebündelt sein. Das neue Stadion sollte das Herzstück des Sports in Österreich sein. Da soll eine Sportschul­e angeschlos­sen sein, ein Haus des Sports für die Sportverbä­nde und Institutio­nen, ein heimisches Sportmuseu­m, das überfällig ist – bis hin zur Möglichkei­t eines großen Konferenzz­entrums. Wir haben viele Ideen und Wünsche, aber wir befinden uns erst in der zarten Phase der Vorgespräc­he.

Das Bundesdenk­malamt hat 2001 eine vorläufige Unterschut­zstellung des Happel-Stadions verfügt. Inwieweit beeinträch­tigt das die Überlegung­en? Strache: Der Denkmalsch­utz ist ja nicht wirklich vorhanden, er ist zumindest nicht endgültig festgestel­lt. Zunächst gehört geklärt, wie man das mit dem Bundesdenk­malamt lösen kann. So weit sind wir noch nicht. Aber dazu habe ich eine sehr, sehr gute Gesprächse­bene mit den Wiener Stadträten.

Ihr Ziel wäre es also, das alte Happel-Stadion abzureißen und an derselben Stelle das neue Stadion errichten zu lassen? Strache: Das wäre jedenfalls eine sehr gute Möglichkei­t. Am besten wäre es, einen gemeinsame­n Weg zu finden, dass der Denkmalsch­utz fällt. Die jetzige Situation ist unbefriedi­gend, wir müssen über etwas Neues nachdenken. Die Nutzungsmö­glichkeit für vier, fünf Fußballspi­ele im Jahr ist ja wirklich nicht zweckdienl­ich. Wir wollen möglichst permanente Auslastung, um Einnahmen zu generieren.

Haben Sie, was das neue Stadion angeht, einen fixen Zeitplan? Strache: Den kann man derzeit nur grob umreißen. Das geht sicher nicht von heute auf morgen. Positiv gedacht, kommt Anfang 2019 ein Projektvor­schlag. Dann muss man sich einmal intern und mit der Stadt abstimmen, und es werden Wünsche einfließen. Dann gibt es eine Ausschreib­ung und einen Wettbewerb, und dann sind wir eh schon bei zwei Jahren. Und bis es zu einer Entscheidu­ng kommen kann? Ich hoffe, dass man das Projekt in dieser Periode entscheide­n und starten kann.

Am besten wäre es, einen Weg zu finden, dass der Denkmalsch­utz fällt. Die jetzige Situation ist unbefriedi­gend.

Auf einem kürzlich kursierend­en Plan stand das neue Stadion nahe der Hauptallee, ihm fielen der Stadionbad­parkplatz und in ihrer jetzigen Form die Meiereistr­aße zum Opfer. Utopie? Strache: Das ist ganz sicher nicht mein Ansinnen. Das Stadion sollte nicht zur Hauptallee hinrücken.

In der Nähe befindet sich die Trabrennba­hn Krieau, von deren wirtschaft­lichen Problemen zu hören ist. Spielt das Areal in Ihren Überlegung­en eine Rolle? Strache: Damit haben wir uns noch nicht genau auseinande­rgesetzt. Aber neben einem neuen Stadion ist natürlich eine neue große Multifunkt­ionshalle ein Thema. Wir wissen alle, die Stadthalle ist in die Jahre gekommen, und zu klein ist sie auch. Allein bei den Erste Bank Open hätte man viel mehr Karten verkaufen können. Die Stadthalle ist nicht mehr zeitgemäß, wie das Happel-Stadion.

Wo könnte eine neue Halle stehen? Strache: Dazu gibt es ja auch Gespräche mit der Stadt. Möglicherw­eise in der Seestadt Aspern, das wäre durchaus attraktiv. Aber da gibt es unterschie­dliche Überlegung­en. Vielleicht redet auch da ein Investor mit. In anderen Ländern gibt es Multifunkt­ionshallen, die allein von Investoren geplant und finanziert wurden, ohne öffentlich­e Steuergeld­er. Diese Investoren können an, Hausnummer, 75 Tagen im Jahr mit der Halle machen, was sie wollen. Und ansonsten steht die Halle der Öffentlich­keit zur Verfügung.

Reicht es, den Bau eines neuen Stadions und einer Halle zu erwägen oder auch durchzuset­zen, um dem Sport die Bedeutung zu geben, die er in Ihren Augen verdient? Strache: Wir präsentier­en Anfang Dezember die „Sportstrat­egie Österreich“, die wir mit vielen Experten erarbeitet haben. Sie umfasst die wesentlich­en Bereiche, beginnend beim Schul- über den Breitenspo­rt bis zum Spitzenspo­rt, und natürlich auch die Sportstätt­eninfrastr­uktur. Da sehen wir dann, wie wir vorgehen müssen, damit wir wirklich wieder zu einer Sportnatio­n werden können.

HEINZ-CHRISTIAN STRACHE (49), FPÖBundesp­arteiobman­n, ist seit Dezember 2017 Vizekanzle­r. Am 8. Jänner 2018 wurde er als Minister für öffentlich­en Dienst und Sport angelobt.

 ??  ?? Eine Sprungscha­nze als Teil eines neuen Stadions schließt Vizekanzle­r Strache aus. „Nicht mit uns besprochen, nie geplant.“
Eine Sprungscha­nze als Teil eines neuen Stadions schließt Vizekanzle­r Strache aus. „Nicht mit uns besprochen, nie geplant.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria