Macron legt sich mit Autofahrern an
Französische Autofahrer wollen am Samstag die Straßen im Land blockieren. Anlass ist die geplante Erhöhung der Dieselsteuer. Präsident Macron versuchte, die Demonstranten zu beschwichtigen.
Durch Frankreich weht der Wind der Revolte – wieder einmal. Diesmal geht der Aufstand allerdings von den Autofahrern aus. Treibende Kraft sind die „gilets jaunes“, das heißt die Träger jener Leuchtwesten, die in französischen Autos bei einem Nothalt verpflichtend sind. Bewohner ländlicher Gebiete, die oft lange Arbeitswege im Auto zurücklegen, protestieren gegen die Absicht der Regierung, die Steuer für Dieseltreibstoff ab 1. Jänner um knapp vier Prozent zu erhöhen, um jenem seinen finanziellen Anreiz gegenüber Benzin zu nehmen.
Die Autofahrer sind aufgebracht, weil die französische Energiepolitik die Dieseltechnologie jahrzehntelang begünstigt hatte – sie nun aber wegen der Schadstoffbelastung ausmerzen will. Die Protestierenden bestreiten, dass die Regierung nur ökologische Absichten verfolge: Von den 3,9 Milliarden Euro an Mehreinnahmen sollen laut Budgetentwurf nur 184 Millionen, also weniger als fünf Prozent, in die Sparte „Energiewende“fließen; der Rest ist dazu bestimmt, die hohen Staatsausgaben zu finanzieren.
Die Dieselabgabe ist indessen nur der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Generell hat die französische Provinz das Gefühl, von Präsident Emmanuel Macron betrogen worden zu sein. Im Präsidentschaftswahlkampf 2017 hatte er anderes versprochen: Die Senkung der Wohnsteuer, die ein Grundpfeiler seines Wahlprogramms war, musste er wegen des Widerstandes betroffener Gemeinden auf mehrere Jahre strecken.
Die meisten Franzosen sehen davon kaum etwas und haben den Eindruck, dass die Regierung jetzt „mit einer Hand wieder nimmt, was sie vor einem Jahr gegeben hat“. Das behauptet Jacline Mouraud, eine Bretonin, die mit einem knapp fünfminütigen Klagevideo über Nacht zum Aushängeschild der ganzen Protestbewegung wurde. „Was machen Sie mit unserem Zaster, außer das Geschirr im Élysée zu wechseln oder für sich ein Schwimmbad zu bauen?“, fragte sie in der millionenfach angeklickten Sequenz in Anspielung auf die präsidialen Ausgaben dieses Sommers. „Wohin treibt Frankreich, Monsieur Macron? Sicher nicht in die Richtung, die Sie einschlagen wollten!“
Präsident kontert
Macron antwortete der Dame am Mittwoch indirekt vom Flugzeugträger Charles de Gaulle aus: In einer filmreifen Inszenierung präzisierte der Präsident Hilfsmaßnahmen für Geringverdiener, darunter eine auf 4000 Euro erhöhte Abwrackprämie für alte Dieselkarossen oder eine 200- Euro-Subvention für Gasheizungen. An der Erhöhung der Dieselsteuer hält er aber fest.
Die Fernsehbilder bewirkten das Gegenteil des angestrebten Effekts und unterstrichen die Spaltung der französischen Gesellschaft: hier der Pariser Präsident, der inmitten eines militärischen Machtsymbols einen abgehobenen Diskurs über die Notwendigkeit ökologischer Lenkungsabgaben hält – dort das einfache Volk, das vor lauter Steuern und Abgaben nicht mehr weiß, wie es das Monatsende überstehen soll.
Macron hat an sich Argumente: Statistisch gesehen ist die Kaufkraft der Franzosen seit der Jahrhundertwende ebenso gestiegen wie die Höhe der Renten. Und die Klimaerwärmung ist ein Fakt. Das zählt aber in der aufrührerischen Stimmung wenig: Wie in der Revolution von 1789, die ebenfalls fiskalische Gründe hatte, oder wie bei den Bauern- und Steuer-Jacquerien der französischen Geschichte haben heute viele Provinzfranzosen von links bis rechts das Gefühl, für die Inkompetenz der Pariser Eliten bluten zu müssen.