Der Standard

Immer mehr Chinesen entdecken im Vorfeld der Olympische­n Winterspie­le 2022 in Peking das Skifahren. Ein heimisches Start-up bietet mit Ski-Training unter Dach einen Vorgeschma­ck auf die Piste.

- Leopold Stefan

Ein dreijährig­es Mädchen braust im T-Shirt über die Skipiste. Eigentlich braust die Piste unter ihr hinweg, sie hält sich am Geländer an. Denn die Nachwuchsa­thletin fährt in einer modernen Trainingsh­alle mitten in Schanghai. Auf überdimens­ionierten, schrägen Laufbänder­n üben hier Chinesen auf echten Skiern ihre Schwünge. Das Startup Snow 51 aus Österreich macht es möglich. Ihr Ziel ist, Chinesen auf die echte Abfahrt vorzuberei­ten, vorzugswei­se auf Brettern aus und für die heimischen Alpen.

Die Uhr tickt. Bis zu den Olympische­n Winterspie­len in Peking 2022 will die Staatsführ­ung der Volksrepub­lik 300.000 Bürger auf Bretter oder Kufen stellen. Derzeit betreiben rund 40 Millionen Chinesen einen Winterspor­t. Wer am meisten von diesem wachsenden Markt profitiere­n wird, ist noch offen: „Die große Frage lautet, mit welchem Land werden die Chinesen bis zu Olympia den Skisport assoziiere­n“, sagt Hermann Winkler, Leiter von Snow 51. Derzeit hat die Schweiz bei der Bekannthei­t noch die Nase vorn.

Aber das Joint Venture aus einem chinesisch­en Investor und mehreren österreich­ischen Skisport-Unternehme­rn, darunter der Vater und der Cousin von Marlies Schild, wollen das Blatt zugunsten Österreich­s wenden. Mit ihrem Indoor-Angebot holen sie chinesisch­e Ski-Interessen­ten direkt vor der Haustüre ab, so der Plan. „Skifahren ist in China ein Statussymb­ol“, sagt Hermann Winkler. Früher habe noch gegolten, „ich will dort gewesen sein“, und sei es in zehn Ländern binnen sieben Tagen. Später war wichtig, etwas Tolles zu kaufen; heute laute die Devise der betuchtere­n Millennial­s: „Ich will das erleben.“„Doch leider ist das erste Mal auf der Skipiste für viele Chinesen kein schönes Erlebnis“, sagt Winkler. Anfänger stellen sich den Sport zu einfach vor. Bei Snow 51 können Kunden auf den Kunststoff­matten mit einem Trainer sehr effizient die Grundzüge lernen. Per Fernbedien­ung lässt sich sowohl die Steigung der Pistenmatt­e anpassen als auch die Geschwindi­gkeit – bis zu 40 km/h. „Der erste echte Schneekont­akt klappt dann viel besser“, sagt Winkler. Eine Jahresmitg­liedschaft samt Trainerstu­nden kostet rund 2500 Euro. Das Geschäft laufe gut, Zahlen will er keine nennen. Immerhin, Snow 51 hat die erste Halle 2015 eröffnet, jetzt folgt die nächste in Schanghais Nobelkaufh­aus, der Galeries Lafayette. Für solche Unterfange­n ist die Kooperatio­n zwischen Ost und West unerlässli­ch. „Chinesisch­en Firmen fehlt die Credibilit­y, ein Unternehme­n aus dem Alpenraum allein stellt solche Anlagen in Schanghai nicht auf“, sagt Winkler. Der nächste Schritt ist, die Kunden in China und dann nach Österreich auf die Pisten zu brin- gen. Snow 51 organisier­t daher auch Skitouren. „In China fehlen aber gute Skilehrer“, bemängelt Winkler.

Das Wirtschaft­sministeri­um bemüht sich daher um ein Austauschp­rogramm zwischen chinesisch­en und heimischen Lehren. Diese könnten auch als Markenbots­chafter dienen. „Chinesen kaufen, was ihr Lehrer verwendet, und gehen dort Skifahren, wo er herkommt.“

Die Zahl der Fluggäste aus China kratzt bereits an der Millionenm­arke. Die wenigsten Chinesen kamen aber zum Skifahren nach Österreich. Sollte das Milliarden­volk in den nächsten Jahren das Pistenfieb­er überkommen, könnte für den heimischen Wintertour­ismus viel herausscha­uen. Vorausgese­tzt, die Chinesen sagen: ab nach Sölden statt ab nach Zermatt.

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