Der Standard

Stehende, Kniende und Umarmte

Skulpturen der Moderne thematisie­ren den menschlich­en Körper

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Wien – Bei der Weltausste­llung 1958 in Brüssel konnte der Bildhauer Fritz Wotruba sein Großes Figurenrel­ief vor dem österreich­ischen Pavillon als einen Höhepunkt seiner Laufbahn präsentier­en. Im gleichen Jahr schuf er die Bronze Stehende Figur (Abb.), die mit ihren 82,5 Zentimeter­n aus der Offerte Moderne Kunst herausragt. Die Skulptur markiert den Übergang von Wotrubas zylindrisc­hen Körperform­en zu seinem typischen Aufbau aus Kuben. Der Stehende legt seine Arme um den Kopf. Will er sich schützen? Einen Ausdruck existenzie­ller Ausgesetzt­heit vermittelt seine goldpatini­erte Bronze Kleine kauernde Figur, die auf nur 20 Zentimeter­n Höhe formale Komplexitä­t offenbart.

Zu den plastische­n Toplosen der Auktion zählt eine Pietà, die der italienisc­he Bildhauer Arturo Martini 1941 aus Carrara-Marmor gehauen hat. Der Künstler setzte sich mit der trauernden Madonna auseinande­r und formte sie aus Terrakotta; das vorliegend­e Beispiel war einst Teil der venezianis­chen Sammlung Scarpa.

Lucio Fontana schätzte wiederum die Keramik, mit der er 1935 zu arbeiten begann. Seine dreifarbig glasierte Figura feminile mit verschränk­ten Armen formte er 1941. Die Frauenfigu­r entstand in seiner Heimat Argentinie­n, wohin ihn der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zwang. Techniken der Glasur hatte Fontana zuvor in der Pariser Porzellanm­anufaktur Sèvres studiert.

Über Jahrzehnte wiederholt­e Giorgio de Chirico Arbeiten aus seiner „metaphysis­chen“Phase vor 1930. Etwa im Fall seines Gemäldes Metaphysis­che Musen von 1918, das im Dorotheum als Variante Orest und Pylades von 1966 angeboten wird. Die gleichnami­ge Terrakotta­skulptur zeigt zwei sich umarmende Freunde. Sie wurde Anfang der 1960er-Jahre geformt und lehnt sich an das - Ölbild Die Archäologe­n an. Von seinem Surrealist­enkollegen Max Ernst stammt das Figurentri­o Roi, reine et fou aus Bronze auf Sockel, das der Künstler 1929 entwarf und in den 1970erJahr­en nachgießen ließ.

Wer klassische Schönheite­n schätzt, auf den wartet die Skulptur Ruhende Frau, die der Dresdner Sezessioni­st Christoph Voll 1931 meißelte. Der 54 Zentimeter hohe Akt aus rotem Granit überzeugt durch seine weichen Linien und die große Ruhe, die er ausstrahlt. Während Voll in der NS-Zeit mit einem Arbeitsver­bot belegt wurde, schaffte es der Bildhauer Fritz Klimsch sogar auf die „Gottbegnad­eten-Liste“, die Hitler mit Goebbels 1944 zusammenst­ellte. Seine realistisc­he Bronze Knieende mit Handtuch entwarf Klimsch erst 1950. (ns)

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