Thinktank für Fotografie
Die Zeitschrift „Camera Austria International“war maßgeblich daran beteiligt, dass Fotografie in Österreich als künstlerisches Medium anerkannt wurde. Das Salzburger Museum der Moderne zeichnet ihren Einfluss nach.
Wer immer sich in Österreich mit Fotografie befasst, kommt an der Zeitschrift Camera Austria International nicht vorbei. Seit nunmehr fast 40 Jahren stellt das Magazin viermal im Jahr die wichtigsten österreichischen und internationalen fotografischen Positionen vor.
Begründet wurde die Zeitschrift von Manfred Willmann, Christine Frisinghelli und Seiichi Furuya. Der japanische Fotograf befand sich 1973 eigentlich nur auf der Durchreise, als er die Grazer Fotoszene rund um den Fotografen Manfred Willmann kennenlernte. 1975 zeigte Willmann Arbeiten von Seiichi Furuya in seiner Fotogalerie Café Schillerhof, die schon bald danach in das Forum Stadtpark übersiedeln sollte.
Heute gehören Furuya und Willmann nicht nur zu den bedeutendsten Fotografen im Land, die beiden haben – gemeinsam mit der Kunsttheoretikerin Frisinghelli – auch maßgeblich zur Entwicklung der künstlerischen Fotografie in Österreich beigetragen. Neben Ausstellungen organisierten sie ab 1979 Symposien mit theoretischen und künstlerischen Beiträgen, die ab 1980 obendrein in der Camera Austria publiziert wurden.
Fotografie als Kunst
Damit war die Zusammenführung von Theorie und Praxis der Zeitschrift gewissermaßen in die Wiege gelegt. Schließlich haben bis dahin nicht nur Präsentationsmöglichkeiten für Fotografie gefehlt, sondern auch theoretische Bemühungen, die die Fotografie als eigenständiges künstlerisches Medium anerkannten.
In der Ausstellung im Museum der Moderne (MdM) am Mönchsberg wird die prägende Geschichte des Magazins nicht retrospektiv, sondern über die von der Zeitschrift gesetzten Themen verhandelt: „Bild und Identität“, „Komposition und Dekonstruktion“, „Lebensraum und Repräsentation“oder „Privatheit und öffentliches Bild“. Versammelt haben die Kuratorinnen – Christiane Kuhlmann vom MdM und Christine Frisinghelli – in acht Kapiteln insgesamt 37 Positionen aus elf Nationen: darunter langjährige Wegbegleiter wie Lewis Baltz oder William Eggleston, wichtige japanische Fotografen (u. a. Nobuyoshi Araki, Miyako Ishiuchi), Positionen aus Nord- und Südafrika (u. a. David Goldblatt), aber auch Zeitgenössisches von Tatiana Lecomte oder Annette Kelm. Beide Künstlerinnen waren in den letzten Jahren in Ausstellungen in Graz zu sehen, wo die Camera Austria (räumlich situiert im Kunsthaus) mittlerweile ein Ausstellungshaus, einen Verlag, ein Archiv, eine Diskussionsplattform und eine Bibliothek vereint.
Kompakter Wissensspeicher
In Salzburg soll auch die Vernetzungsarbeit sichtbar werden, an der das Team rund um Herausgeber Reinhard Braun bis heute weitergearbeitet hat: So trifft im Kapitel „Topographie und Landschaft“Lewis Baltz auf den Italiener Luigi Ghirri, und „Bild und Identität“stellt Bezüge zwischen den Arbeiten von Jo Spence oder Hans-Peter Feldmann her.
Das dokumentarische Werk der palästinensischen Künstlerin Ahlam Shibli wird im Kapitel „Bild und Politik“gemeinsam mit dem libanesischen Künstler Walid Raad und David Goldblatt aus Südafrika präsentiert. Allen eigen ist nicht nur ihr Blick auf Disputed Landscapes, sondern dass man ihre Arbeit im Heft mit diesem Schwerpunkt präsentiert und besprochen hat.
Das Wissen, das in der Camera Austria steckt, wird dem Publikum zugänglich gemacht: So werden den versammelten Werken nicht nur sämtliche Ausgaben von Camera Austria, sondern auch exemplarische Ton- und Videoaufzeichnungen der Symposien zur Seite gestellt. „Camera Austria International. Labor für Fotografie und Theorie“, 24. 11. – 3. 3. 2019. Eröffnung und Gespräch (Joachim Koester, Reinhard Braun), 23. 11., 19.00/19.30 p www.museumdermoderne.at