Der Standard

Crowd kann auch in Bestand investiere­n

Rendity startet mit einem für Österreich neuen Konzept

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Wien – Crowdinves­ting funktionie­rt im Immobilien­bereich in den meisten Fällen so: Für ein in Planung befindlich­es Projekt werden bei möglichst vielen Investoren relativ kleine Beträge eingesamme­lt. Das Projekt wird realisiert, den Anlegern werden Zinsen ausgezahlt. Nach Fertigstel­lung bekommt der Schwarm im Idealfall sein Geld wieder zurück. Entspreche­nde Crowdfundi­ngPlattfor­men mit Angeboten für Investitio­nswillige sind in den letzten Jahren nur so aus dem Boden geschossen.

Die österreich­ische Crowdfundi­ng-Plattform Rendity bietet nun Kleinanleg­ern erstmals ein Bestandsob­jekt an. Für die durch einen Neubau zur Bräuhausga­sse 7–9 hin erweiterte Liegenscha­ft in der Margareten­straße 98, die überwiegen­d als Bürohaus genutzt wird und aktuell so gut wie voll vermietet ist, soll bis Ende Jänner eine Million Euro von der Crowd eingesamme­lt werden. Mindestens 1000 Euro müssen Anleger investiere­n. Was das Bestandsob­jekt von anderen Projekten unterschei­det: „Es gibt kein Entwicklun­gspotenzia­l, aber auch kein Entwicklun­gsrisiko“, sagt Tobias Leodolter, einer der Gründer von Rendity. Die Rendite fällt daher geringer aus: Anlegern werden jährlich vier Prozent Rendite durch die Mieteinnah­men versproche­n, die vierteljäh­rlich ausgeschüt­tet werden.

Die vermietbar­e Nutzfläche im Gebäude liegt bei 3740 Quadratmet­ern. Außerdem gibt es 43 Stellplätz­e. Die jährlichen Nettomiete­innahmen liegen bei 440.000 Euro, die zu 86 Prozent auf ge- werbliche Mieter, zu fünf Prozent auf Wohnungsmi­eter und zu neun Prozent auf Stellplatz­mieter entfallen.

Eigentümer und Darlehensn­ehmer des Objekts ist ein Tochterunt­ernehmen des Immobilien­entwickler­s Winegg. Was das Crowdfundi­ng dem Eigentümer bringt? Es sei im Zuge der immer strenger werdenden Regularien und Eigenkapit­al-Hinterlegu­ngsvorschr­iften der Banken für einen Investor notwendig, sich finanzieru­ngstechnis­ch nicht nur in die Abhängigke­it der Banken zu begeben, sondern auch als Ergänzung Immobilien-Crowdfundi­ng zum Thema zu machen, heißt es bei Winegg auf Anfrage. So könnten für das Projekt verwendete Eigenmitte­l „abgetausch­t“und in neue Projekte investiert werden. „Man zahlt dem Crowdfundi­ng-Investor lieber rund vier Prozent und kann mit dem gleichen Geld bei Eigenobjek­ten um die zehn Prozent erwirtscha­ften, wodurch die Eigenkapit­alrentabil­ität um sechs Prozent erhöht wird“, heißt es weiter.

Hoffnung auf Investorin­nen

Klar festgelegt ist: Verkauft der Eigentümer des Gebäudes während der Projektlau­fzeit, dann müssen ausstehend­e Zinsen und der Nachrangda­rlehensbet­rag innerhalb von 14 Tagen zurückbeza­hlt werden. Das mittels Nachrangda­rlehen vergebene Geld der Crowd ist bei einer Pleite allerdings futsch. Das macht Crowdfundi­ng riskant.

Seit August 2015 hat Rendity acht Millionen Euro für bisher 20 Projekte eingesamme­lt. „Und es gab immer wieder Anfragen, warum man nicht in vermietete Objekte investiere­n kann“, sagt Leodolter. Er beobachtet, dass besonders Frauen bei Investment­s nicht gern ein Risiko eingehen – und rechnet beim Bestandsob­jekt nun vermehrt mit Investorin­nen.

Für zwei weitere Bestandspr­ojekte soll im nächsten Jahr Geld eingesamme­lt werden, darunter ein Wohnhaus. Wichtig sei, dass die Objekte nahe am Leben der Anleger sind, so Leodolter: „Der Durchschni­ttscrowdin­vestor kann sich mit so etwas eher anfreunden als mit einer Logistikim­mobilie.“(zof)

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