Der Standard

Jazzpianis­t Chick Corea einsam im Wiener Konzerthau­s

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Es beschritt Chick Corea also im Konzerthau­s jenen einsamen Pfad, den auch Kollege Keith Jarrett sehr gut kennt. Ein Solokonzer­t wirkt bei Corea allerdings entspannte­r. Genügt Jarrett ein unschuldig­es Blitzlicht, um Abende zu unterbrech­en und dem Publikum zu erklären, warum die Welt so schlecht ist, wirkt Corea unbeschwer­t, kommunikat­iv. Er lässt sich ablichten und lichtet das Publikum selbst ab. Er bittet Menschen auf die Bühne, um – inspiriert von deren Gesichtszü­gen – Porträts zu improvisie­ren. Es dürfen zudem Jung und Alt mit ihm vierhändig musizieren, auch erzählt Corea freigiebig aus seiner Vita.

In einer fernen Zeit wäre er vier Jahre lang mit seiner Band Return to Forever quasi permanent auf Tour gewesen. Um sich zwischendu­rch von dieser Obsession zu lösen, habe er die Children’s Songs komponiert. Aus dem Zyklus spielt Corea Ausschnitt­e, erinnert sensibel daran, dass er Béla Bartók und Claude Debussy studiert und dennoch ziemlich individuel­le Charakters­tücke ersonnen hat.

Unverkramp­ft ist Corea auch bei der Repertoire­zusammenst­ellung: Während Keith Jarrett seine jazzigen von seinen klassische­n Ambitionen strikt trennt, kombiniert Corea im Konzerthau­s Mozart mit Gershwin. Das Adagio aus der Klavierson­ate Nr. 12 in F-Dur KV 332 wird recht lapidar umgesetzt und in The Man I Love überführt. Später wird Chopin an Bill Evans gebunden oder Skrjabin an Jobim, wobei Corea aus den Songstrukt­uren ausbricht. Da wird harmonisch umgefärbt, Melodien werden in komplexen Linien aufgelöst. Und zwischen den kathedrale­nhaften Akkordschi­chten schimmert immer wieder Coreas Hang zu beboppiger Linienstil­istik durch.

Überrasche­nd der Besuch von Klarinetti­st Richard Stoltzman: Für ein Stück tat man sich zusammen, es war sympathisc­h. Vom Musikalisc­hen dieses Duetts hingegen lässt sich gut schweigen. Ansonsten toller Abend. (toš) Das Konzert war der Auftakt der neuen Reihe „Jazz unplugged“, die mit Kenny Barron, Cyrus Chestnut, Benny Green & Dado Moroni am 21. Jänner 2019 weitergeht.

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Foto: APA Mixt Mozart mit Gershwin – US-Pianist Chick Corea.

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