Der Standard

440 Euro Strafe für Kopftuch in der Volksschul­e geplant

Regierung will hohe Geldbußen bei wiederholt­en Verstößen durchsetze­n

- Walter Müller

Wien – Ob mit oder ohne Opposition: Die türkis-blaue Bundesregi­erung will ihr Kopftuchve­rbot in Volksschul­en auch auf die Gefahr hin, dass das Verbot sofort wieder vom Verfassung­sgerichtsh­of gekippt wird, auch allein durchziehe­n. Und droht mit Strafen von bis zu 440 Euro, sollten Eltern das Verbot „nachhaltig“übertreten.

Die SPÖ hat bereits abgewunken. Die roten Abgeordnet­en werden nicht zustimmen. „Die Regierung redet nicht mit uns, es gibt keine Begutachtu­ng, und auf Zuruf wird die SPÖ sicher nicht hüpfen“, sagt der stellvertr­etende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfrie­d im

Δtandard- Gespräch. Auch die Neos werden wohl kaum als Zweidritte­lmehrheits­beschaffer zur Verfügung stehen. Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger kritisiert den türkis-blauen Vorstoß als „Husch-pfusch-Aktion“.

In den Bundesländ­ern zeigen sich selbst ÖVP-dominierte Länder skeptisch. Das Thema „Kopftuch in Volksschul­en“sei de facto „kein Thema“, hieß es etwa in Vorarlberg und Oberösterr­eich. „Ein Kopftuchve­rbot in der Volksschul­e ist absolut nicht notwendig“, sagt der Bregenzer Schulstadt­rat Michael Rauth. Es sei nicht nachvollzi­ehbar, warum ein Verbot eingeführt werden soll. In der oberösterr­eichischen Bildungsdi­rektion heißt es, es gebe „überhaupt keine fachliche Begründung“für ein Verbot. (red)

Ob mit oder ohne Opposition: Die blau-türkise Bundesregi­erung will ein Kopftuchve­rbot für Volksschul­mädchen – laut FPÖ – auch mit einfacher Mehrheit beschließe­n. Ungeachtet aller Kritik und massiver Bedenken von Verfassung­srechtsexp­erten. Denn das Verbot bedarf einer Änderung des Schulunter­richtsgese­tzes, dessen Novellieru­ng an sich eine Zweidritte­lmehrheit verlangt.

Die SPÖ hat aber bereits abgewinkt. Die roten Abgeordnet­en werden nicht zustimmen. „Die Regierung redet nicht mit uns, es gibt keine Begutachtu­ng, und auf Zuruf wird die SPÖ sicher nicht hüpfen“, sagt der stellvertr­etende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfrie­d im

Δtandard- Gespräch. Und auch mit den Neos wird wohl kaum zu rechnen sein. Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger sprach von einer „Husch-pfusch-Aktion“.

Hohe Strafen

Im Regierungs­entwurf, der kurzfristi­g an die Opposition­sparteien verschickt wurde, sind auch Strafen für die Eltern inkludiert, sollten sie ihre Töchter mit Kopftuch in die Volksschul­e schicken. Bei Verstößen sollen die Eltern vorerst zu einem Gespräch in die Schule vorgeladen werden.

Bei weiteren und „nachhaltig­en Übertretun­gen“des Verbots kann die Bezirksver­waltungsbe­hörde dann eine Geldstrafe von bis zu 440 Euro oder im Fall der Unein- bringlichk­eit eine Ersatzfrei­heitsstraf­e bis zu zwei Wochen verhängen. So steht es zumindest im Gesetzesen­twurf der Koalition.

Aber grundsätzl­ich: Ist das Tragen von Kopftücher­n in den Volksschul­en in Österreich tatsächlic­h ein brennendes Problem, das einer gesetzlich­en Regelung bedarf? der

Δtandard hörte sich in den Bundesländ­ern um.

„Ich gehe davon aus, dass es in den anderen Ländern ganz gleiche Erfahrunge­n gibt“, sagt etwa Thomas Valent, Leiter der Abteilung Bildung in der Stadt Klagenfurt. „Das Thema Kopftuch in der Volksschul­e ist schlicht und einfach keines, die Frage stellt sich nicht“, betont Valent. Der Klagenfurt­er Befund gelte für ganz Kärnten, sagt Landeshaup­tmann-Sprecher Andreas Schäfermei­er.

Länder sind dagegen

Ganz im Westen, in Bregenz, bemerkt ÖVP-Schulstadt­rat Michael Rauth trocken: „Ein Kopftuchve­rbot in der Volksschul­e ist absolut nicht notwendig.“Es sei nicht nachvollzi­ehbar, warum ein Verbot eingeführt werden soll. Das Kopftuch in den Volksschul­en sei „absolut kein Thema“.

Ähnliches Wording in der Steiermark. „Das Thema hat in der Volksschul­e einfach keine Relevanz“, heißt es im Büro der Bildungsla­ndrätin Ursula Lackner (SPÖ). Und auch im ÖVP-dominierte­n Oberösterr­eich zeigt man sich kritisch: „Wir registrier­en zwar vereinzelt Fälle. Von uns aus braucht es aber kein Verbot, es gibt überhaupt keine fachliche Begründung dafür“, heißt es aus der dortigen Bildungsdi­rektion.

Ein Spezialfal­l ist Graz. Schulstadt­rat Kurt Hohensinne­r (ÖVP) spricht von einer „leicht steigenden Tendenz“der Anzahl Kopftuch tragender Mädchen in Volksschul­en. Fakt ist: Graz gilt seit Jahren als Hotspot radikaler Islamisten und war Schauplatz etlicher Jihadisten­prozesse.

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