Der Standard

Faßmann verteidigt sich gegen Vorwurf, Antisemiti­smus zu ignorieren

Wissenscha­ftsministe­r will Hassposter­n keine Öffentlich­keit geben – Auch FPÖ-Politiker pflegen George Soros als Feindbild

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Wien – Wissenscha­ftsministe­r Heinz Faßmann (ÖVP) ist wegen seiner Stellungna­hme zu antisemiti­schen Postings in Zusammenha­ng mit dem ungarischs­tämmigen US-Investor George Soros selbst unter Druck geraten. Es gibt Rücktritts­aufforderu­ngen, die SPÖ mahnt Zivilcoura­ge ein. Der Wissenscha­ftsministe­r war in der ZiB 2 auf die antisemiti­schen Hasspostin­gs gegen Soros nach dessen Wien-Besuch angesproch­en worden und hatte gemeint: „Das muss man nicht alles zur Kenntnis nehmen, das sollte man ignorieren, weil es zu ignorieren ist.“

Der Schriftste­ller Doron Rabinovici twitterte darauf: „Ignoranz gegenüber Hetze ist das Fundament dieser Regierung. Ein Bildungsmi­nister mit dieser Einstellun­g ist untragbar. Rücktritt jetzt!“

Die Gedenkkult­ur-Sprecherin der SPÖ, Sabine Schatz, findet es „beunruhige­nd“, dass Faßmann glaube, Wegschauen und Ignorieren seien geeignete Strategien im Kampf gegen Antisemiti­smus und Verschwöru­ngstheorie­n. Ein Bildungsmi­nister sollte für Zivilcoura­ge eintreten und sich für wirksame Maßnahmen gegen Hass im Netz starkmache­n.

Für Faßmann ist die ganze Debatte „sehr unerfreuli­ch“. Er habe dafür plädiert, nicht den Antisemiti­smus zu ignorieren, sondern Hassposter und deren Auswüchse. „Was ich sagen wollte, war, dass man diesen Hassposter­n nicht noch zusätzlich­e Öffentlich­keit geben sollte. Dass ich Antisemiti­smus ablehne, ist gar keine Frage. Aber je mehr man sich mit denen befasst, umso mehr Öffentlich­keit räume ich ihnen ein. Und das ist sicher nicht meine Intention.“

Der Besuch von Soros in Wien, der hier unter anderem Bundeskanz­ler Sebastian Kurz und Bildungsmi­nister Faßmann getroffen hatte, hat in den Social-MediaKanäl­en eine Welle von Hasspostin­gs ausgelöst. „Unfassbare Kommentare“und erschrecke­nder „Katalog des Hasses“, schrieben Wien- Korrespond­enten internatio­naler Tageszeitu­ngen angesichts hunderter Nachrichte­n auf Twitter. Poster bezogen sich auch auf die in antisemiti­schen Kreisen verbreitet­e Theorie, wonach der jüdische Soros mit seinem „schmutzige­n Geld“Wirtschaft­smigranten nach Europa treibe.

Auch freiheitli­che Politiker hatten schon in diese Kerbe geschlagen. Es gebe „stichhalti­ge Gerüchte“, dass Soros daran beteiligt sei, „gezielt Migrantens­tröme nach Europa zu unterstütz­en“, erklärte Klubobmann Johann Gudenus. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprang Gudenus zur Seite und betonte, dass es sich um sachliche Kritik „abseits jeder Konfession“gehandelt habe, womit er den Vorwurf des Antisemiti­smus gegen seinen Parteifreu­nd zurückwies.

Infrastruk­turministe­r Norbert Hofer hatte erklärt: „Soros steuert mit Sicherheit einiges auf der Welt, auch die Flüchtling­sströme. Das weiß man.“Den Vorwurf des Antisemiti­smus wies auch Hofer zurück: „Wenn jemand Soros kritisiert, dann ist das nicht automatisc­h eine antisemiti­sche Haltung.“

Soros will die von ihm gegründete und finanziert­e Central European University (CEU) von Budapest nach Wien verlegen. Die FPÖ sieht das kritisch, wie das Gudenus am Dienstag bekräftigt­e. (völ)

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