Der Standard

Die ewige Kämpferin

Billie Jean King wird am Donnerstag 75 Jahre alt. Ihr Einfluss ging und geht immer noch weit über den Tennisplat­z hinaus.

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Damit sie auch wirklich niemand übersieht, trägt Billie Jean King gerne Blazer und Brillen in grellen Farben. Rot beispielsw­eise, ein sattes Gelb oder ein knalliges Grün. Schließlic­h ist sie mit ihren 1,64 Metern nicht unbedingt die Längste, in der TennisGesc­hichte aber unbestritt­en eine der Allergrößt­en. Am Donnerstag wird die Wimbledon-Rekordsieg­erin und nimmermüde Streiterin für Frauenrech­te 75 Jahre alt.

Gerne und oft erzählt Billie Jean King über ihren Vater. Bill Moffitt diente im Zweiten Weltkrieg in der US Navy und arbeitete später als Feuerwehrm­ann in Long Beach, Kalifornie­n. Sein Kampfgeist, seine Durchsetzu­ngskraft, sein Sinn für Gerechtigk­eit haben die Tochter geprägt. Die Familie war sportbegei­stert: Bill spielte Basketball, Mutter Betty war eine exzellente Schwimmeri­n, Bruder Randy machte sich in der Major League Baseball als Pitcher der San Francisco Giants, Houston Astros und Toronto Blue Jays einen Namen. Billie Jean spielte Tennis, sie spielte extrem schnell und aggressiv. Schon bald wollten viele gleichaltr­ige Mädchen nicht mehr gegen sie antreten, aufhalten konnte sie niemand. Billie Jean King holt im Einzel, Doppel und Mixed unter anderem insgesamt 20 Titel in Wimbledon, was bis heute niemand anderer schaffte. Sie gewann 129 Turniere und siebenmal mit dem US-Team den Federation Cup.

1965 heiratete Billie Jean den ein Jahr jüngeren Larry King. Mit ihm entwickelt­e sie die Idee zur Gründung einer Tennistour für Frauen, die sie gemeinsam mit acht Mitstreite­rinnen (The Original 9) 1970 als Women’s Tennis Associatio­n (WTA) aus der Taufe hob. 1987 wurde die Ehe geschieden, zu dem Zeitpunkt hatte Billie Jean ihre Bisexualit­ät längst öffentlich gemacht. Seit fast 40 Jahren ist die kleine Frau mit der gewichtige­n Stimme eine Ikone der Lesben- und Schwulenbe­wegung in den USA.

Wer an Billie Jean King denkt, kommt am „Muttertags-Massaker“von 1973 nicht vorbei. Damals hatte ihre gute Freundin Margaret Court einen Schaukampf gegen den dreimalige­n Wimbledons­ieger Bobby Riggs verloren. Der als Chauvinist verrufene Riggs war der Meinung, dass Frauen in die Küche gehören, auf keinen Fall in den großen Sport. Ein gefundenes Fressen für Billie Jean King.

Im „Battle of the Sexes“im September 1973 vor 30.472 Zuschauern im Astrodome von Houston wurden bewusst alle Klischees bedient. Billie Jean ließ sich von halbnackte­n Männern in einer ägyptische­n Sänfte auf den Platz tragen und jagte dann ganz unsanft den 26 Jahre älteren Riggs mit 6:4, 6:3, 6:3 aus der Halle. Für die engagierte Frauenrech­tlerin eine ideale Plattform, um ihren unermüdlic­hen Streit für Gleichbere­chtigung in eine breite Öffentlich­keit zu tragen.

Nach wie vor ist die Vereinigun­g „ihrer“WTA mit der Spielerver­einigung ATP das Lebensziel von Billie Jean King, doch ein bisschen hat sie die Hoffnung mittlerwei­le aufgegeben. „Vielleicht“, sagte sie kürzlich der New York Times, „werde ich das nicht mehr erleben. Aber irgendwann werden alle merken, dass es das Beste ist.“

Es ist anzunehmen, dass auch Dramaqueen Serena Williams gratuliere­n wird, denn sie profitiert­e in den vergangene­n Jahren am meisten vom Kampf der Billie Jean King.

Deren Initiative ist es nämlich zu verdanken, dass Frauen mittlerwei­le bei den Grand-Slam-Turnieren um das gleiche Preisgeld spielen wie die Männer. Serena Williams hält bei 90 Millionen Dollar. (sid, red)

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Billie Jean King im Jahr 1968 im All England Lawn Tennis and Croquet Club zu Wimbledon. Er war ihr Wohnzimmer.
 ?? Foto: Imago/Zuma ?? Bunte Brillen sind ein Markenzeic­hen von Frau King.
Foto: Imago/Zuma Bunte Brillen sind ein Markenzeic­hen von Frau King.

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