Der Standard

Der verscholle­ne Meteorit vom Himmelsfel­d

Der mehr als 15 Tonnen schwere Meteorit Mesón de Fierro ist seit langem unauffindb­ar. Eine Spur führt nach Wien.

- Michael Vosatka

Für die Qom handelte es sich bei den Eisenmasse­n um Schweißtro­pfen der Sonne. Das Gebiet werde Pingüen Nunralta genannt, erklärten die Ureinwohne­r des Chaco den Konquistad­oren – Campo del Cielo, das „Feld des Himmels“. Es sei der Ort, an dem sich die Erde und die Sonne begegneten. Aus den Schweißtro­pfen würden die Stämme der Bäume wachsen. Offenbar hatten ihre Vorfahren den Fall des Eisenmeteo­riten vor etwa 4200 bis 4700 Jahren beobachtet. Es muss ein gewaltiges Schauspiel gewesen sein, als dieser im Grenzgebie­t der heutigen argentinis­chen Provinzen Chaco und Santiago del Estero rund 1000 Kilometer nordwestli­ch von Buenos Aires in der Atmosphäre explodiert­e und im Boden einschlug: Mehr als hundert Tonnen seiner Überreste wurden bisher gefunden, die ursprüngli­che Masse soll 840 Tonnen betragen haben. Die mehr als zwei Dutzend Krater haben zum Teil einen Durchmesse­r von mehr als hundert Metern.

Die Spanier wollten die Quelle des Eisens finden, welches die Völker des Chaco für Werkzeuge und Waffen nutzten. Im Jahr 1576 führte der Vizegouver­neur Hernán Mejía de Mirabal eine Expedition in das Himmelsfel­d. Er berichtete dem Archivo General de Indias in Sevilla von einem großen Objekt aus Eisen und anderen Metallen, das wie Silber glänzte. Der Bericht geriet in Vergessenh­eit, doch die Erzählung von einer Silbermine hielt sich beharrlich.

Eiserne Riesen

Erst zwei Jahrhunder­te später, im Jahr 1774, fand eine weitere Expedition unter Bartolomé Francisco de Maguna die Eisenmasse wieder. Maguna glaubte, das Ende einer Erzader vor sich zu haben, und nannte das Stück, das er auf mehr als 22 Tonnen schätzte, Mesón de Fierro, „Tisch aus Eisen“. In den nächsten Jahren erhielt der 3,89 mal 1,85 mal 1,36 Meter große Metallbloc­k weiteren Besuch, bis im Jahr 1783 Miguel Rubín de Celis mit Sprengunge­n die Unterseite freilegen ließ und damit den Nachweis erbrachte, dass es sich nicht um eine Ader handelte. Dass der Mesón de Fierro sich an Ort und Stelle gebildet haben könnte, schloss Celis ebenso aus wie einen Transport durch die Ureinwohne­r. Nachdem es für ihn unvorstell­bar war, dass der Brocken vom Himmel gefallen sein könnte, vermutete er einen Vulkanausb­ruch als Ursprung. Im Glauben, die von ihm auf 15 Tonnen geschätzte Masse sei wertlos, ließ er diese zurück. Celis’ Expedition war die letzte, die den Mesón de Fierro sichtete.

Zwar wurden seither viele weitere Teile des Meteoriten vom Campo del Cielo gefunden, darunter auch so spektakulä­re Stücke wie El Chaco und Gancedo, die mit 28,8 und 30,8 Tonnen die Plätze drei und vier in der Rangliste der größten Meteoriten der Welt

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 ??  ?? A-18 kam bereits 1807 als „Tucuman“gekennzeic­hnet in die Sammlung und ist damit das älteste Stück vom Campo del Cielo im NHM. Möglicherw­eise stammt es vom Mesón de Fierro.
A-18 kam bereits 1807 als „Tucuman“gekennzeic­hnet in die Sammlung und ist damit das älteste Stück vom Campo del Cielo im NHM. Möglicherw­eise stammt es vom Mesón de Fierro.
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