Der Standard

Die Regierung darf klüger werden

Bei Infrastruk­turprojekt­en wurde nachgebess­ert, doch viele Kritikpunk­te bleiben

- Andreas Schnauder

Die Regierung ließ sich – frei nach Konrad Adenauer – nicht daran hindern, über Nacht klüger zu werden. Aus einer Nacht sind mittlerwei­le ein paar Monate geworden, in denen ein stark geänderter Entwurf zur Beschleuni­gung großer Infrastruk­turprojekt­e ausgearbei­tet wurde. Das Vorhaben ist volkswirts­chaftlich ziemlich bedeutsam, sind doch effiziente Energie- und Verkehrsne­tze sowie Flughäfen oder auch funktionie­rende Deponien doch für einen attraktive­n Standort unabdingba­r. Genau bei der Genehmigun­g dieser Großvorhab­en hapert es, weshalb eine Reform dringend notwendig erscheint.

Auch wenn die Verfahrens­dauer bei den meisten Projekten einigermaß­en im Rahmen liegt, gibt es doch enorme Ausreißer. Der Flughafen Wien mit seinen Plänen für den Bau einer dritten Piste kann ein Lied davon singen. Auch diverse Stromnetze oder Kraftwerke sind – wenn überhaupt – nur noch nach jahrelange­n Auseinande­rsetzungen durchsetzb­ar. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz hat völlig recht, wenn er diesen Zustand als unvertretb­ar verurteilt und befürchtet, dass Österreich den Anschluss verpasst.

Das ändert aber nichts daran, dass der erste Reformvors­chlag reichlich unklug war. Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck versuchte es mit einer Automatik: Wenn eine Behörde nicht innerhalb von 18 Monaten über ein standortre­levantes Vorhaben entscheide­t, sollte es automatisc­h genehmigt sein. Nicht nur notorische Kritiker, selbst ÖVP-geführte Ressorts prangerten – hinter verschloss­enen Türen – das schwere verfassung­s- und europarech­tliche Foul an. un werden dem Ungeheuer die Giftzähne gezogen. Im Kern wich die Automatik einem Mechanismu­s, laut dem die Entscheidu­ng über einen Projektant­rag nach zwölf Monaten in die zweite Instanz wandert. Und dort – meist ist das Bundesverw­altungsger­icht zuständig – auch entschiede­n wird. Damit würde sich das ermüdende Pingpongsp­iel zwischen den Instanzen erübrigen, das auch insofern kräfte- und zeitrauben­d ist, als meistens ohnehin die Höchstgeri­chte über die großen Fälle entscheide­n müssen.

Auch wenn es den Anschein hat, dass die Gerichte mit der Reform überlastet werden, sollte der neue Vorstoß sachlich diskutiert werden. Schon vor

Nden Schlussfol­gerungen dieser Auseinande­rsetzung lässt sich aber klar sagen, dass der Entwurf am Kernproble­m vorbeigeht. Das liegt nämlich in den einzelnen Materienge­setzen begraben. Ob Eisenbahn-, Luftfahrt-, Starkstrom­wege- oder Bundesstra­ßengesetz: Sie alle sind zu einem großen Teil veraltet und enthalten nur vage Umweltschu­tzbestimmu­ngen.

Das führt dazu, dass sich ein Gericht – wie bei der dritten Piste geschehen – auf aus den Fingern gesogene Grundlagen stützt. Etwa auf Klimaschut­zabkommen, die für die Luftfahrt gar nicht gelten. Derartig unbestimmt­e Rege-

Mit dem 2015 erschienen­en Roman Verschwöru­ng, der der aktuellen gleichnami­gen Kinoverfil­mung zugrunde liegt, hat Stieg Larsson nichts zu tun. Dieser erschien elf Jahre nach dem Tod des schwedisch­en Bestseller­autors der „Millennium-Trilogie“(Verblendun­g, Verdammnis, Vergebung), die wiederum erst ab 2005 zum Welterfolg wurde.

Die Erben, vor allem Larssons Lebensgefä­hrtin Eva Gabrielsso­n, gaben dem schwedisch­en Autor David Lagercrant­z zwar die Erlaubnis, die Geschichte um den Journalist­en Mikael Blomkvist und die Hackerin Lisbeth Salander 2015 fortzusetz­en. Allerdings durfte Lagercrant­z dafür nicht ein unvollende­tes Manuskript aus dem Nachlass Larssons als Grundlage verwenden, sondern musste frei dichten.

Es wird noch verzwickte­r: Inwiefern der 2004 mit nur 40 Jahren verstorben­e schwedisch­e Journalist Stieg Larsson überhaupt als alleiniger Verfasser der „Millennium-Trilogie“angesehen werden kann, wird wohl für immer ein gut gehütetes Geheimnis bleiben. Frühere Kollegen des in Schweden vor allem als linker politische­r Aktivist und Aufdeckerj­ournalist in Sachen Rechtsextr­emismus bekannt gewesenen Thrillerau­tors, der seine Romane nachts nach der Tagesarbei­t konzi- lungen sind eine Gefahr für die Rechtssich­erheit, die für den Standort erst recht bedeutsam ist.

Zweite Auslassung: Für standortre­levante Infrastruk­turvorhabe­n bedarf es nicht nur einer willkürlic­hen Projektlis­te, sondern einer auf Jahrzehnte vorausscha­uenden Planung von Bund und Ländern unter Einbindung der Bevölkerun­g. Umweltschu­tz, Raumordnun­g und Wirtschaft­sinteresse­n müssen dabei Hand in Hand gehen.

Davon hört und sieht man wenig, zumindest bisher. Man sollte das Kabinett Kurz auch in diesem Fall nicht daran hindern, klüger zu werden.

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