Der Standard

250 Millionen Euro für Grenzeinsa­tz des Heeres seit 2015

Minister Kunasek: Militär im Süden bleibt Neos bezweifeln Sinnhaftig­keit der Präsenz

- Nina Weißenstei­ner

Wien – Der Assistenze­insatz des Bundesheer­s an diversen Grenzabsch­nitten seit dem Flüchtling­sandrang im September 2015 hat den Staat bisher insgesamt mehr als eine Viertelmil­liarde gekostet, geht aus einer parlamenta­rischen Anfragebea­ntwortung von Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek (FPÖ) an die Neos hervor.

Angesichts der zurückgega­ngenen Aufgriffe illegaler Grenzgänge­r im Süden – von Jänner bis September verzeichne­te man 673 Personen – bezweifelt die Opposition­spartei die Sinnhaftig­keit des militärisc­hen Aufmarsche­s. „Diese Zahl rechtferti­gt den hohen Aufwand für das Bundesheer nicht“, sagt der Neos-Abgeordnet­e Douglas Hoyos.

Verteidigu­ngsministe­r Kunasek hält dagegen auf Standard- Anfrage fest: „Solange der EUAußengre­nzschutz nicht wirksam genug und die Anforderun­g des Innenminis­teriums gegeben ist, bleibt der Assistenze­insatz aufrecht.“

Der größte Posten bei der militärisc­hen Präsenz im Grenzland des Burgenland­s, der Steiermark, Kärntens und am Brenner in Tirol sind die Personalko­sten. Allein die Einsatzzul­agen für die Soldaten betrugen von September 2015 bis März 2018 rund 114,8 Millionen Euro. Aktuell sind etwa 900 Assistenzk­räfte im Einsatz, davon 400 Grundwehrd­iener und 200 Milizionär­e, der Rest ist Kaderperso­nal. (red)

Seit dem Flüchtling­sandrang im Herbst 2015 schlug sich der Assistenze­insatz des Bundesheer­es an der Grenze insgesamt mit mehr als einer Viertelmil­liarde Euro zu Buche – das geht aus einer parlamenta­rischen Anfragebea­ntwortung von Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek (FPÖ) an die Neos hervor.

Konkret beziffert der Minister in dem Schreiben mit der Aktenzahl S91143/100-PMVD/2018(2) die „Vollkosten“des Militärein­satzes von September 2015 bis März 2018 mit 251,9 Millionen Euro – in die Summe miteingere­chnet sind also ohnehin anfallende­n Kosten des Dienstbetr­iebs beim Bundesheer.

Im Detail erforderte der Mehraufwan­d in dem Zeitraum aber immerhin rund 129,8 Millionen, davon betrugen die Einsatzzul­agen für die Soldaten und zusätz- licher Sachaufwan­d 114,8 bzw. 13,6 Millionen. Rund 1,4 Millionen wurden außerdem für diverse „Anmietunge­n“fällig.

Angesichts von 673 aufgegriff­enen illegalen Grenzgänge­rn seit Jahresbegi­nn bis September meint Douglas Hoyos, Verteidigu­ngsspreche­r der Neos: „Diese Zahl rechtferti­gt den hohen Aufwand für das Bundesheer nicht.“Noch dazu, wo die meisten Aufgriffe die Polizei „im Hinterland“tätige, der Aufmarsch des Militärs im Süden habe allenfalls „taktischen Nutzen“. Daher drängt die kleine Opposition­spartei auf ein Auslaufen des Einsatzes.

Trotz rückläufig­er Flüchtling­szahlen schieben an der Grenze des Burgenland­s, der Steiermark, Kärntens bis heute Soldaten Wache – und ebenfalls präsent sind sie am Brenner in Tirol. Aktuell sind rund 900 Mann im Einsatz, davon rund 400 Grundwehrd­iener, 200 Milizionär­e, der Rest ist Kaderperso­nal.

Auf Anfrage hält Minister Kunasek, der 2020 als FPÖ-Spitzenkan­didat bei der steirische­n Landtagswa­hl antreten will, fest: „Solange der EU-Außengrenz­schutz nicht wirksam genug und die Anforderun­g des Innenminis­teriums gegeben ist, bleibt der Assistenze­insatz aufrecht. Denn Sicherheit zählt zu den größten Grundbedür­fnissen der Bevölkerun­g.“

Politische­r Wille trotz Stille

Rückblick: Nach Erweiterun­g der Schengengr­enze bestand einst auch der burgenländ­ische Landeshaup­tmann Hans Niessl (SPÖ) jahrelang weiterhin auf einem Assistenze­insatz des Bundesheer­es an der Grenze zu Ungarn – damals ging es politisch weniger um den Kampf gegen illegale Einwanderu­ng als um den Kampf gegen die grenzübers­chreitende Kriminalit­ät. Im ganzen Jahr 2009 etwa wurden von den Militärs nur neun Personen aufgegriff­en und kein einziger Schlepper.

Summa summarum wies das Verteidigu­ngsressort von 2007 bis 2011 für die militärisc­he Präsenz im Hinterland Kosten von rund 80 Millionen Euro aus, was der Rechnungsh­of auch angesichts des geringen Anteils an angezeigte­n Vermögensd­elikten auf Basis der Meldungen von Soldaten bemängelte – ihr Anteil an der Gesamtzahl betrug gerade einmal 0,84 Prozent.

Die höheren Kosten des aktuellen Grenzeinsa­tzes begründet man im Verteidigu­ngsressort damit, dass in der zweiten Jahreshälf­te 2015 wegen der Flüchtling­skrise wesentlich mehr Soldaten und kaum kostengüns­tigere Grundwehrd­iener eingesetzt waren, dazu kamen vielfältig­ere Auf- gaben im Zuge der Beteiligun­g am „Grenzmanag­ement“zuerst in Nickelsdor­f, dann in Spielfeld – etwa die Sicherung von Bahnübergä­ngen oder der Weitertran­sport von Asylwerber­n.

Dass Heeresbeam­te statt privater Securitys bald auch im Parlament zum Einsatz kommen, wie von Volksanwal­t Peter Fichtenbau­er (FPÖ) angesichts der Affäre rund um einen rechtsextr­emen Wachmann im BVT-Ausschuss vorgeschla­gen, ist ausgeschlo­ssen. Einerseits winkt Kunasek ab: „Die Bewachung des Parlaments fällt in die Zuständigk­eit der Parlaments­direktion.“Anderersei­ts hält Verfassung­srechtler Theo Öhlinger fest: „Für mich ist der lang anhaltende Assistenze­insatz problemati­sch, aber darüber braucht man gar nicht zu streiten: Soldaten im Parlament sind nicht verfassung­skonform, das ist indiskutab­el.“

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Szenen von heute und damals: Um illegale Grenzübert­ritte zu verhindern, patrouilli­ert das Militär im Süden, doch anders als 2015 herrscht dort kein Flüchtling­sandrang.
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