Weniger Unternehmenssteuern
Österreich würde bei EU-Harmonisierung verlieren
Wien – Die EU-Kommission peilt eine Vereinheitlichung der 28 verschiedenen Regelungen an, die es zur Ermittlung der Unternehmensbesteuerung in Europa gibt. Dabei wird es Gewinner und Verlierer geben. Das Wirtschaftsforschungsinstitut hat nun Folgen in einer Studie herausgearbeitet. Fazit: Sollten die Pläne eins zu eins umgesetzt werden, würde Österreich leicht an Steuereinnahmen verlieren. Die großen Verlierer wären Irland und die Niederlande, die sich entsprechend querlegen. Gewinner der Reform wären Italien und Spanien. (red)
Paradise Papers, Panama Papers, Lux-Leaks: Spektakuläre Enthüllungen haben in den vergangenen Jahren Einblicke gegeben, wie Nike, Facebook, Apple und andere multinationale Konzerne grenzüberschreitend Gewinne so lange hinund herschieben, bis sie kaum noch Steuern in Europa bezahlen müssen.
Die EU-Kommission will diese Praktiken eindämmen und hat einen umfangreichen Plan ausgearbeitet, der zugleich die Vertiefung der Wirtschaftsunion vorantreiben soll. Die Brüsseler Behörde hat bereits 2016 vorgeschlagen, die Art und Weise, wie große Unternehmen in Europa besteuert werden, grundlegend zu ändern.
Am Mittwoch hat das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) erstmals eine Studie dazu vorgelegt, wie sich eine solche Reform auf Österreich auswirken würde. Ergebnis: Der Vorschlag der EUKommission würde, wenn er vollständig umgesetzt würde, dafür sorgen, dass Unternehmen nicht mehr wie bisher grenzüberschreitend Steuern optimieren können, bis für den Fiskus nichts übrigbleibt. Allerdings würde mit hoher Wahrscheinlichkeit eine neue Form des Steuerwettbewerbs entstehen. „Der Druck auf Länder, ihre Körperschaftsteuersätze zu senken, könnte steigen“, schreiben die Autoren Margit Schratzenstaller und Simon Loretz.
28 verschiedene Steuerregeln
Derzeit gibt es in den 28 EULändern 28 verschiedene Regeln dafür, wie Unternehmensgewinne besteuert werden. Nicht nur die Steuersätze unterscheiden sich. Es gibt völlig unterschiedliche Bestimmungen dafür, wie Unternehmensprofite zu berechnen sind, also welche Ausgaben Konzerne von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen, wie lange Kosten für neue Maschinen und Fabriken abgeschrieben werden dürfen.
Die EU-Kommission schlägt vor, dass künftig die Gewinnermittlung in jedem EU-Land einheitlich erfolgen soll. Gelten soll dies nur für Unternehmen mit einem Umsatz von über 750 Millionen Euro. In einer zweiten Richtlinie schlägt die Behörde zudem vor, dass die einheitlich ermittelten Gewinne nach einer europaweit geltenden Formel auf die einzelnen Mitglieds- länder aufgeteilt werden sollen. Die Formel dafür richtet sich danach, wo ein Unternehmen seine Waren und Dienstleistungen herstellt, Mitarbeiter beschäftigt und Umsätze erwirtschaftet. Auf Basis der Formel würde sich ergeben, in welchem Land ein Konzern wie viel Steuern bezah- len müsste. Bisherige Formen der Gewinnverschiebung innerhalb Europas wären damit unmöglich. Was wären nun die Effekte der Reform?
Österreich würde laut der WifoStudie leicht an Steuereinnahmen verlieren. Wegen der hohen Umsatzschwelle wäre nur eine überschaubare Zahl großer Unternehmen in Österreich betroffen: Innerhalb dieser Gruppe würde das Körperschaftsteueraufkommen um acht Prozent sinken. Das liegt laut Studienautor Loretz unter anderem daran, dass Österreich ein Nettoprofiteur des aktuellen Systems ist.
Das hat viel damit zu tun, dass viele große Unternehmen wie beispielsweise die OMV von Österreich aus ihre Europaaktivitäten steuern. Die Gewinne dieser Unternehmen „landen“entsprechend oft im Inland. Das würde sich etwas verändern, wenn auch Faktoren wie Umsatz und Beschäftigtenzahlen bei der Aufteilung der Gewinne auf die einzelnen Länder berücksichtigt würden.
Die großen Verlierer des neuen Systems wären laut der WifoStudie, die im Auftrag der Arbeiterkammer (AK) durchgeführt wurde, Irland und die Niederlande. Große multinationale Unternehmen würden dort 25 bzw. 35 Prozent weniger Steuern zahlen. Irland und besonders die Niederlande bieten multinationalen Unternehmen diverse Möglichkeiten, um sich steuergünstig anzusiedeln. Dadurch entgehen anderen EU-Ländern Einnahmen. Damit wäre Schluss. Iren und Niederländer legen sich deshalb auch am stärksten gegen die Reform quer. Gewinnen würden vor allem Italien und Spanien, die bisher eher Verlierer im Steuerwettbewerb waren.
Spirale nach unten
Die Vorschläge der Kommission könnten laut Wifo eine neue Form des Wettbewerbs lostreten. Aktuell tun sich Unternehmen extrem schwer, die für sie effektiven Steuersätze in einzelnen Ländern zu vergleichen, weil die Gewinnermittlungsvorschriften so verschieden sind. Wird die Kapitalertragsteuer in jedem Land gleich berechnet, wäre die perfekte Vergleichbarkeit gegeben. Damit könnte der Druck auf einzelne Länder steigen, ihre Steuersätze immer weiter zu senken. Unternehmer wären damit entlastet, in vielen Ländern würde das Steueraufkommen sinken.
In vergangenen Jahren wurden die Körperschaftsteuersätze in Europa bereits deutlich reduziert
(siehe Grafik). AK-Steuerexperte Dominik Bernhofer fordert deshalb, dass die EU Mindeststeuersätze festschreiben sollte. Damit ließe sich ein möglicher Wettbewerb nach unten eingrenzen.
Dabei könnten für aufholende Länder in Osteuropa wie Ungarn oder Polen zwischenzeitlich niedrigere Steuersätze zugelassen werden.
Wenn schwarze, türkise oder blaue Politiker über Flüchtlinge reden, dann geht es seit einigen Jahren nur um Abwehr und drohende Kosten. Die Botschaft lautet: Alle wollen nur nach Österreich, um hierzulande Mindestsicherung zu beziehen. Der heimische Sozialstaat steht in der Welt der Apokalyptiker kurz vor dem Zusammenbruch. Als Antwort darauf wurden die Spielregeln für die Mindestsicherung verschärft.
Die Höchstgerichte spielen dabei aber nicht mit. Zuerst schmiss der Verfassungsgerichtshof der ÖVP Niederösterreich das von ihr konzipierte Modell um die Ohren. Die dortigen Schwarzen wollten, dass Großfamilien, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, keinesfalls mehr als 1500 Euro im Monat bekommen. Zudem sollten Menschen, die in den vergangenen sechs Jahren nicht zumindest fünf Jahre in Österreich gelebt haben, nichts bekommen. Experten hatten auf die Rechtswidrigkeit hingewiesen. Ihre Appelle verhallten. Die Richter sind nicht bereit, Diskriminierungen zu akzeptieren, und können es auch nicht nachvollziehen, warum man mit fünf Kindern gleich viel Geld brauchen soll wie mit drei Kindern.
Jetzt hat der Europäische Gerichtshof der schwarzblauen Landesregierung in Oberösterreich das dortige Modell um die Ohren geschmissen. Flüchtlinge, die nur einen befristeten Aufenthaltstitel haben, dürfen nicht schlechtergestellt werden als Österreicher. Experten hatten auch hier auf Rechtswidrigkeiten hingewiesen. Ihre Appelle verhallten. Die Richter sind aber nicht bereit, Diskriminierungen zu akzeptieren, und können nicht nachvollziehen, warum ein Syrer, der auf Hilfe angewiesen ist, mit weniger Geld auskommen soll als ein Linzer.
Den zuständigen Politikern war natürlich bewusst, dass ihre Gesetze mit großer Wahrscheinlichkeit gekippt werden. Das war ihnen aber egal. Es ging ja nur darum, Ressentiments zu schüren und finanzielle Belastungen aufzubauschen. Von den großen Einsparungen – die Rede war von 70 Millionen – ist in Oberösterreich bis heute nichts zu sehen. Gerade einmal 383 befristet Asylberechtigte sind von den Kürzungen betroffen. Das Land erspart sich damit nicht viel, für jeden Einzelnen machen ein paar hundert Euro mehr oder weniger aber einen großen Unterschied.
Als Nächstes macht sich die Bundesregierung nun daran, ein neues Modell für die Mindestsicherung zu erarbeiten, das dann österreichweit gelten soll und ebenfalls Kürzungen als Ziel hat. Die Schlechterstellung von Flüchtlingen will man erreichen, indem die Zahlungen bei Sprachdefiziten reduziert werden. Experten weisen bereits darauf hin, dass auch das rechtswidrig wäre. Wahrscheinlich werden die Appelle wieder verhallen. Die Richter werden sich wieder nicht beeindrucken lassen. Liegt eine Diskriminierung vor, wird sie von ihnen beseitigt. So weit funktioniert der Rechtsstaat. Das Bedenkliche ist, dass bei den Politikern der vermutete Volkswille oder das eigene Gerechtigkeitsgefühl mittlerweile weit über rechtsstaatlichen Prinzipien steht.