Mehr Transparenz auf dem Pflege-Markt Der VKI testete die Vermittlungsagenturen von 24- Stunden-Betreuungskräften. Er stieß auf Informationsdefizite für die Kunden und umstrittene Vertragsklauseln für die Betreuerinnen.
Zweifelhafte Verträge, Ausbeutung und Abhängigkeit – im Geschäft mit der 24Stunden-Betreuung konkurrieren seriöse Anbieter mit Mafiastrukturen. Familien, die eine Betreuungskraft suchen, bewegen sich auf einem intransparenten Markt: Ihnen stehen österreichweit rund 800 Agenturen gegenüber, die online kaum über ihre Leistungen informieren. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat 26 Vermittlungsagenturen – unter ihnen die „Großen“wie Caritas, Hilfswerk und Volkshilfe und andere zufällig ausgewählte Anbieter – getestet. Das Ergebnis: Man gibt sich zugeknöpft. „Nur ein Bruchteil der Agenturen hat mitgemacht“, sagt Juristin Ulrike Docekal bei der Präsentation der Ergebnisse am Mittwoch.
Der VKI schickte einen Fragebogen an 26 Agenturen, elf antworteten. Informationen über die restlichen suchte der VKI auf den jeweiligen Websites, außerdem prüfte er 60 Verträge und ließ eine Betreuungskraft und zwei Testfamilien Kontakt zu den Agenturen aufnehmen. Zehn der 26 Agenturen wurden als „wenig zufrieden- stellend“eingestuft, sieben davon, weil sie keine Verträge vorlegten. Fünf der getesteten Agenturen – Caritas, Hilfswerk, BestCare24, Pura-Vita und die Volkshilfe – schnitten mit „sehr gut“ab.
Strafen bis zu 5000 Euro
Sechs der geprüften Verträge zwischen Familie und Betreuerin enthielten Inkassovollmachten, das heißt, dass Kunden das Geld nicht direkt an die Betreuungskraft – rechtlich ist sie selbstständig –, sondern an die Agentur bezahlen. Der VKI sieht das kritisch, man gibt damit die Kontrolle darüber ab, ob das gesamte Geld ankommt. Oft würden ausländische Partneragenturen mitschneiden.
Außerdem enthielt die Hälfte der Verträge Konkurrenzklauseln mit Strafzahlungen von bis zu 5000 Euro, die Betreuerinnen – meist Frauen aus Osteuropa – leisten müssen, wenn sie die Agentur wechseln oder ohne Zwischeninstanz mit der Familie arbeiten wollen. Der VKI prüft nun Klagen gegen unfaire Vertragsklauseln, er konnte in den letzten zehn Jahren bereits insgesamt 1000 Klauseln in der Pflegebranche beseitigen.
Er stellte beim Test außerdem fest, dass Agenturen ihrer Informationspflicht gegenüber der Familien eher nachkamen, wenn die Betreuung unmittelbar bevorstand, anstatt nur absehbar war. In beiden Fällen aber wurde selten gefragt, ob es im Haus ein Zimmer für die Betreuerin gäbe.
Kosten variieren stark
Die Vermittlungsgebühren bewegten sich bei den getesteten Agenturen zwischen 249 und 3650 Euro jährlich, die Betreuungskosten zwischen 39 und 110 Euro pro Tag. Die Fahrt der Betreuungskraft zurück in ihr Heimatland zahlt oft die Familie, sie kostet zwischen 50 und 420 Euro.
Was der VKI nicht überprüfen konnte, war die Freiwilligkeit der Fahrt: Manche Agenturen zwingen Betreuerinnen dazu, mit agentureigenen und teils gefährlichen Taxis zu fahren. Vor einem Jahr erregte ein Fall Aufmerksamkeit, bei dem der Fahrer und sechs Pflegerinnen bei einem Unfall in der Slowakei starben. Ebenfalls nicht getestet wurde, ob die Qualifikation der Betreuerinnen ausreicht, um eine pflegebedürftige Person zu betreuen. Wie berichtete, arbeiten manche der Pflege- und Betreuungskräfte mit gefälschten Zertifikaten.
Das Gesundheitsministerium lässt derzeit ein einheitliches Qualitätszertifikat für Vermittlungsagenturen erarbeiten.